Geschichte:Eine entscheidende Schlacht, von der kaum jemand weiß

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Siegfried und Annette Reindel und Manfred Gehrke (von links) haben die Ausstellung organisiert. (Foto: Nila Thiel/Starnberger SZ)

In Alling wurde 1422 das Ende des Bayerischen Krieges eingeleitet. Der Zeitreise-Verein in Gilching beleuchtet mit einer Ausstellung im Werson-Haus die Hintergründe.

Von Patrizia Steipe, Gilching

Hunderte von Autos rasen täglich auf der Bundesstraße 2 bei Alling, wenige Kilometer vom Gilchinger Schichtwerkmuseum, vorbei an einer unspektakulären flachen Landschaft bestehend aus Feldern, Bäumen und Wiesen. Im Hintergrund ragt der Hoflacher Berg, der aber eher ein Hügel ist, empor: Dort steht eine kleine Votivkapelle, umgeben von einem bäuerlichen Anwesen. Sie ist in keinem besonderen Zustand und meistens versperrt. Weder Landschaft noch Kapelle ist auf den ersten Blick ihre Bedeutung anzusehen. Tatsächlich aber hat es hier vor 600 Jahren ein Ereignis gegeben, das in die Geschichtsbücher als "Schlacht von Alling" eingegangen ist.

Am 19. September 1422 leitete die Schlacht bei Alling das Ende des Bayerischen Krieges ein. (Foto: Nila Thiel)

Am 19. September 1422 leitete sie das Ende des Bayerischen Krieges (1420 bis 1422) ein. Ernst und Wilhelm III., die Herzöge von Bayern-München, schlugen ihren Vetter Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt. "Ist es nicht unglaublich, dass eine wichtige Schlacht der bayerischen Geschichte hier stattgefunden hat, aber kaum jemand davon weiß?", wundert sich der Fürstenfeldbrucker Landrat und Präsident des Landkreistags, Thomas Karmasin.

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Die Wissenslücke soll geschlossen werden. Der Historische Verein Fürstenfeldbruck hat die Wanderausstellung "1422 Schlacht bei Alling" konzipiert. Seit vergangenem Jahr tourt sie durch die Heimatmuseen der Gegend, derzeit macht sie Station im Gilchinger Schichtwerk-Museum. Das Team des Vereins "Zeitreise" hat die Dokumentationstafeln mit interaktiven Elementen zu einer alle Sinne ansprechenden Schau ergänzt. Wer sich für die Vorgeschichte und die Zusammenhänge dieses Teils der bayerischen Geschichte interessiert, findet gut aufbereitete Übersichten.

Das Fresko zeigt die siegreichen Herzöge vor der Heiligen Sippe - eigentlich ein Wimmelbild

Weihevoller Chorgesang dringt aus einem Raum und es riecht nach Weihrauch. An der Wand ziehen die Szenen des langen Freskos vorbei, das die siegreichen Herzöge zeigt. Einige Jahre nach der gewonnenen Schlacht hatte nämlich Herzog Ernst die Kapelle bei Hoflach errichten lassen. Im Kirchenraum hängt das 6,60 Meter lange Fresko. Wasserschäden und unsachgemäße Restaurierungen haben dem Gemälde jedoch arg zugesetzt, manche Details sind kaum mehr erkennbar. Das Bild zeigt etwa 100 Personen und wurde für die Ausstellung in Originalgröße kopiert. Die Räume im Wersonhaus waren dafür allerdings zu klein, erklärte Museumsleiterin Annette Reindel. Deswegen hat der Zeitreise-Verein einen Film gedreht, auf dem man alle Details in Großaufnahme sieht: Das Fresko zeigt die siegreichen Herzöge mit den Rittern, den reichen Münchner Familien und Zünften. Sie knien vor der Heiligen Sippe - das sind Maria und weitere Verwandte von Jesus sowie der Heilige Georg, Schutzpatron der Wittelsbacher. Einige der Personen sind anhand ihrer Wappen identifiziert. "Das ist eigentlich ein Wimmelbild - supermodern", sagt Reindel.

Für Kinder gibt es eine Mitmach-Station

An einer Mitmach-Station können Kinder ihre eigenen Wappen gestalten, und es gibt Kekse aus Biskuitteig, die nach einem mittelalterlichen Rezept gebacken wurden. Über die Schlacht selbst gibt es kaum beziehungsweise widersprüchliche Quellen: Es könnte sich eventuell nur um ein "Scharmützel" gehandelt haben, erklärt Reindel. Vorausgegangen war ein Hin und Her an gegenseitigen Überfällen. Mehr als 1000 Dörfer, darunter Pasing, Gauting Germering und Aubing, waren niedergebrannt worden. Im Spätmittelalter dürfte die Region von Moorwiesen bedeckt gewesen sein. Wahrscheinlich hätte es deswegen nur einen Kampf an den Hochflächen geben können. Fest steht: Die Münchner griffen an, um einer Belagerung der Stadt zuvorzukommen. Bald wurden die "Ingolstädter" zum Rückzug gezwungen.

Herzog Ernst hatte die Geliebte seines Sohns ertränken lassen: Agnes Bernauer

Dass die Ritterrüstungen, mit denen sie im Moor stecken geblieben wären, der Grund dafür gewesen seien, lässt sich nicht belegen. Auch nicht der Pferdesturz des 21-jährigen Albrecht III. Der Legende nach soll dessen Pferd auf dem Schlachtfeld zusammengebrochen sein, worauf sich Vater Ernst durchgekämpft und den Sohn gerettet habe. Vielleicht sei die Geschichte auch erfunden worden, um das Vater-Sohn-Verhältnis in einem guten Licht dastehen zu lassen. Schließlich hatte Vater Ernst die nicht standesgemäße Geliebte seines Sohnes, Agnes Bernauer, ertränken lassen. 1503 wurde das Primogenitur-Gesetz verabschiedet. Das regelt, dass der Erstgeborene und dessen Nachkommen erben. Damit wurde das Ende der Streitereien um die Landvergabe im 14. Jahrhundert beigelegt. Von da an regierten die Münchner Wittelsbacher in Bayern bis zum Ende der Monarchie 1918.

Geschichte im Liegestuhl: Der Zeitreise-Verein hat die vorhandenen Dokumentationstafeln mit interaktiven Elementen zu einer alle Sinne ansprechenden Schau ergänzt. (Foto: Nila Thiel)

Details über das Schlachtgeschehen fehlen, weil man bis auf ein paar Silberpfennige kaum Funde auf den Feldern gemacht habe. Als Beispiel hat Siegfried Reindel, Mitglied des Zeitreise-Vereins, eine Original-Münze aus der damaligen Zeit besorgt. Dazu gibt es einen Film über das Münzwesen im 14. Jahrhundert. "Für drei Pfennige gab es ein Bier, für 270 eine Kuh", erklärte er.

Die Sonderausstellung im Schichtwerk Gilching (Brucker Straße 11) läuft bis zum 10. September. Geöffnet ist dienstags von 10 bis 12 Uhr (außer Ferien) sowie jeweils von 14 bis 17 Uhr am 14. und 21. Mai (Internationaler Museumstag), 11. Juni, 9. Juli, 13. August und am 10. September.

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