Geheimtreffen in Potsdam:Eingeladen von Rechtsextremen

Lesezeit: 2 min

In Wahlkämpfen macht die AfD schon lange Stimmung gegen Zuwanderung. In Potsdam haben Parteimitglieder zusammen mit Rechtsextremisten über Abschiebung in großem Stil nachgedacht. (Foto: Christian Endt)

Beim aufgedeckten Geheimtreff in Potsdam ist auch die Inninger AfD-Abgeordnete Gerrit Huy dabei. Sie verteidigt die Idee der Massenabschiebungen - und kündigt Strafanzeige an.

Von Michael Berzl, Inning

In einem Landhotel bei Potsdam diskutieren Ende November Rechtsextreme und AfD-Politiker über Pläne für die massenhafte Abschiebung von Zuwanderern, selbst, wenn sie mittlerweile einen deutschen Pass haben. "Remigration" nennt sich das in der Szene. Die geheime Zusammenkunft wurde beobachtet von dem Recherchenetzwerk Correctiv und macht seither bundesweit Schlagzeilen.

Als eine von vier AfD-Mitgliedern war auch die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy dabei. Sie lebt in Inning am Ammersee. Der Süddeutschen Zeitung bestätigt die 70-Jährige ihre Teilnahme: "Ich war mündlich zu einem privaten Treffen eingeladen, um mir verschiedene Vorträge anzuhören."

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Ganz so passiv scheint ihre Rolle dann aber doch nicht gewesen zu sein. Correctiv hat Aufnahmen von Huy vor dem Landhotel Adlon veröffentlicht und zitiert die Abgeordnete mit den Worten, sie habe beim Eintritt in die Partei vor sieben Jahren schon "ein Remigrationskonzept mitgebracht". Nachfragen der SZ dazu lässt sie unbeantwortet. Inhaltlich verweist sie auf das Wahlprogramm der AfD und eine Erklärung des Bundesvorstands zum Thema Staatsbürgerschaftsrecht, die sie unterstütze. Der Bericht des Netzwerks bestehe "zu einem erheblichen Teil aus abenteuerlichen Spekulationen, abwegigen Interpretationen und Unterstellungen". Sie werde darauf nicht eingehen.

Die gebürtige Braunschweigerin hat Mathematik und Volkswirtschaft studiert, in Spitzenpositionen in der Auto- und IT-Branche gearbeitet, ehe ihre politische Karriere bei der AfD begann. Im März 2020 kandidierte sie noch erfolglos für den Starnberger Kreistag, sie gehörte dem Kreisvorstand an und war für einen Posten im Bundesvorstand im Gespräch. Im Herbst 2021 wurde sie als Kandidatin für den Wahlkreis Weilheim-Schongau in den Bundestag gewählt. Dort sitzt sie im Ausschuss für Arbeit und Soziales und beschäftigt sich vor allem mit Rentenpolitik.

Gerrit Huy aus Inning war Spitzenmanagerin in der Auto- und IT-Branche und sitzt nun für die AfD im Bundestag. (Foto: privat)

In einem Post beim Nachrichtendienst X (ehemals Twitter) verteidigt sie die Pläne der AfD, die sich im Parteiprogramm unter dem Kapitel "Abschiebung und Rückkehr" finden: "Wir haben in Deutschland zu viele ausreisepflichtige Ausländer, die nichts zu unserer Gesellschaft beitragen und sich nicht integrieren." Die konkreten Vorstellungen dazu, wie sie wohl auch bei dem Geheimtreffen diskutiert wurden, sind für die Starnberger SPD-Wahlkreisabgeordnete Carmen Wegge alarmierend. "Das erinnert an die dunkelste Zeit unserer Geschichte. Wer nicht ins Weltbild von Frau Huy passt, soll verdrängt oder deportiert werden", erklärt sie in einer Mitteilung. Die AfD mache sich ein "völkisch-ethnisches Volksverständnis" zu eigen. Solche Ereignisse wie in Potsdam zeigten den wahren Kern der Partei.

Ähnlich sieht das auch Thomas Witzgall, der als Fachjournalist bei der Initiative "Endstation Rechts" die rechte Szene beobachtet. Das Treffen in Potsdam mache für ihn deutlich, wie weit AfD-Politiker gedanklich gehen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. "Das ist schon repräsentativ für größere Kreise, weil es ins Gesamtbild passt", sagte er am Freitag der SZ.

Empört zeigt sich auch Huy. Dass eine Organisation "rechtswidrig unsere Privatsphäre ausspäht", nennt sie einen "Skandal". Sie kündigt eine Strafanzeige an.

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