Soziale Stiftungen:Unabhängig sein von gutem Willen Einzelner

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Nein, die Ziege und das Pony waren keine Spenden: Es geht um den VW-Transporter im Hintergrund, der vom "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" im Jahr 1995 der Kinder- und Jugendfarm in Neuaubing übergeben wurde. Damaliger Wert: 48 400 Mark. (Foto: Karl-Heinz Egginger/SZ Photo)

Es geht um eine verlässliche Basis und um einen grundlegenden Schutz: Warum private Hilfe staatliche Sozialleistungen nicht ersetzen kann.

Kommentar von Ulrike Heidenreich

Private Hilfe ist wertvoll, buchstäblich. Ohne millionenschwere Unterstützung durch soziale Stiftungen und wohltätige Vereine sähe es anders aus auf den Straßen Deutschlands, in den Sozialwohnungssiedlungen, in den Wärmestuben, in den Bildungs- und Fördereinrichtungen, in den Schulen, Wohngruppen und, und, und.

Es ist ein unendliches weites Feld, ein riesiges Terrain, auf dem bedürftige Menschen und Gruppen unterstützt werden von Menschen, die helfen möchten. Von Menschen die sich engagieren, weil sie dies als unabdingbar für unsere Gesellschaft, für deren Zusammenhalt, für deren Funktionieren ansehen.

Diese Menschen helfen aus Altruismus und Mitgefühl. Sie tun dies manchmal auch wegen eigener Erfahrungen. Sie tun dies wegen ihrer Werte und Überzeugungen. Und dann gibt es jene, die viel Geld haben und einen Lebenssinn darin entdecken, wohltätige Spenden und Stiftungen als Teil ihres Vermächtnisses zu sehen, als etwas, das über ihr Leben hinausreicht. Daraus wird dann ein mildtätiges Denken und Tun, das tatsächlich etwas Bedeutsames und Bleibendes hinterlässt, weil es die Lebenslinien vieler anderer Menschen beeinflussen und in andere Richtungen lenken wird.

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Prima, könnte man da sagen. Denn wenn es diese Menschen sowieso gibt, die sich aus vielerlei Gründen mit Engagement, Hilfsbereitschaft, Aufopferung und Geld für soziale Gerechtigkeit einsetzen, dann läuft doch alles ziemlich rund. Im allergrößten Notfall, wenn der Staat, die Bundesländer, die Kommunen wieder an die Streichlisten gehen müssen und wie so oft in allen politischen Debatten die Sozialetats als willkommene Verfügungsmaße angesehen werden, dann springt schon irgendjemand ein, nicht wahr?

Dass private Hilfe staatliche Sozialleistungen ersetzen könnte, ist jedoch falsches Wunschdenken, schlicht ein Trugschluss. Gelder, die von karitativen Vereinen, sozialen Stiftungen, privaten Spendern kommen, können immer nur eine Ergänzung sein.

Staatliche Leistungen bilden die Grundlage für das soziale Wohlergehen einer gesunden, gerechten Gesellschaft. Das ist Gesetz. Die Leistungen des Staates sind darauf ausgelegt, den Bürgerinnen und Bürgern einen grundlegenden Schutz anzubieten. Sie sind nachhaltig konzipiert und umfassend. Sie zielen auf strukturelle Herausforderungen und Entwicklungen ab.

Denn der Staat muss die Zukunft im Blick haben. Und das geht nur, wenn die Menschen, die in diesem Gefüge leben, Vertrauen haben und sich entwickeln können. Sie müssen über eine Basis verfügen, mit der sie rechnen können. Unabhängig vom Engagement und vom guten Willen einzelner. Es ist eine Unabhängigkeit, die Menschen Selbstbewusstsein gibt und die Möglichkeit eröffnet, zum Beispiel bei schlechten Startbedingungen im Leben die Kurve in eine andere Richtung zu bekommen.

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Von Ulrike Heidenreich

Staatliche Sozialleistungen sind die Grundlage für das Verringern von Ungleichheiten, für die Armutsbekämpfung, für eine gute und gerechte Gesundheitsvorsorge, sie sollen eine finanzielle Absicherung im Alter garantieren und sie müssen es allen Kindern und Jugendlichen ermöglichen, ihr Bildungspotenzial auszuschöpfen.

All dies kann private Hilfe nicht alleine leisten. Die Wohltätigkeit einzelner Personen ist nicht berechenbar, sie kann variieren. Von einem i-Tüpfelchen auf dem staatlichen Grundpfeiler zu sprechen, wäre aber trotzdem nicht angebracht. Denn es ist kein i-Tüpfelchen, wenn etwa eine bekannte Münchner Schauspielerin seit Jahrzehnten dafür sorgt, dass Kinder in schwierigen Lebensumständen morgens in der Schule ein Frühstück bekommen. Das ändert deren Lebensumstände grundlegend.

Ebenso die Medikamentenzuzahlungen für Senioren, ein neuer Herd oder Musikunterricht für Jugendliche, die das Hilfswerk der SZ übernimmt. Oder Mutter-Kind-Gruppen und Ausbildungsbegleitungen bis zum Schulende, die gemeinnützige Organisationen in und um München mit großem Effekt verlässlich stemmen.

Es ist das Kleine im Großen, das geachtet, sorgsam behandelt und nicht überstrapaziert werden sollte.

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