Kritik:Freundliche Götter

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"Snarky Puppy" begeistern und verblüffen bei ihrem Konzert in der Muffathalle.

Von Claus Lochbihler, München

Snarky Puppy ist, wenn ein Jazztrompeter wie ein Rockgitarrengott gefeiert wird. Und wenn die Big Band als Chamäleon des Jazz-Funk wiederaufersteht. "Snarky Puppy", ein Musiker-Kollektiv, das 2004 in Denton/Texas als College-Band von Musikstudenten begann - es klingt wie ein vielköpfiges Live-Chamäleon, das in allen Farben der Fusion-Musik des 20. und 21. Jahrhunderts zu leuchten vermag.

Was die zehn Musiker um Bassist und Bandleader Michael League in der ausverkauften Muffathalle boten, glich einem Feuerwerk der Metamorphosen: Grooves, die über zehn Minuten durch alle möglichen Variationen und Steigerungen wandern, um punktgenau wieder da zu landen, wo alles anfing. Solisten, die sich in höchste Sphären spielen, um sich ganz unerwartet wie logisch wieder in das Arrangement einzuklinken. Ein neuer Keyboarder - Shaun Martin -, der mit der Talkbox auf den Tasten singt und dem Band-Sound immer wieder einen Gospel- und Hip-Hop-Touch verleiht. Multi-Instrumentalist Justin Stanton, bei dem man nicht weiß, ob man ihn jetzt für den besten Trompeter oder doch für den begnadetsten Keyboard-Solisten halten soll. Und Gitarrist Mark Lettieri, der die Band, die doch eben noch jazzte , mit dem Song "RL's" in Bluesrock-Gefilde führt - so laut, so wild und so weit wie Texas.

Dramaturgisch entwickeln sich Songs von Snarky Puppy wie Filmmusik: motivisch, in weiten Spannungsbögen, die live noch nachvollziehbarer und packender sind als auf CD oder aus dem Stream, weil man - auch in den Videomonitoren hinter der Bühne, die den jeweiligen Solisten featuren - die Musik in ihrer Opulenz nicht nur hört, sondern auch sieht. In der Mitte des Ganzen: Michael League, der vom Bass aus - mal knorrig wummernd, mal flink wie ein Wiesel - diese mächtige Band mit den Blicken, dem Augenkontakt und dem beglückten Lächeln eines sanften Dirigenten führt. Seinen Kopf lässt er manchmal im Groove mitwackeln, als wäre er ein menschliches Taktell. Am Ende trommelt Jamison Ross das Konzert auf seinen Höhepunkt und lässt dabei die Beats fliegen wie die Dreadlocks auf seinem Kopf. Als Zugabe gibt es "Shofukan", bevor "Snarky Puppy", diese freundlichsten Götter des Jazz-Funk, die Bühne verlassen.

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