München:Immer mehr Münchner sind gegen Silvesterknallerei - und immer mehr böllern

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Silvester auf der Theresienwiese: 70 Tonnen Müll sammelten die Straßenreiniger dieses Jahr nach der Neujahrsnacht ein. (Foto: Florian Peljak)

70 Tonnen Böller-Müll hat die Stadtreinigung in diesem Jahr eingesammelt - so viel wie nie zuvor. Doch die Gegner sehen sich im Aufwind.

Von Birgit Lotze, München

Die Umweltschützer, die sich gegen die private Silvesterböllerei einsetzen, fühlen sich seit dieser Woche im Aufwind. Vor allem zwei Vorstöße - einer auf Bundesebene und einer in München - machen ihnen Mut: Der Verein Umwelthilfe, der derzeit mit Klagen eine ganze Reihe von Fahrverbotszonen für ältere Diesel-Fahrzeuge in Großstädten erwirkt, will Städte mit hoher Feinstaub-Belastung auch zum Verbot von privatem Feuerwerk bewegen. Er hat angekündigt, eine Klage gegen die Knallerei zu prüfen.

Und die Stadtratsfraktion der ÖDP fordert, dass der Münchner Oberbürgermeister (OB) Dieter Reiter (SPD) sich bei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dafür einsetzt, das Sprengstoffrecht zu ändern. Ziel ist, das Entscheidungsrecht über Silvesterfeuerwerke auf die Kommunen zu übertragen. Derzeit können Kommunen nur sehr eingeschränkt darüber entscheiden, ob und wo in ihrem Hoheitsgebiet Böller abgeschossen werden.

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Mehr als 3000 Unterstützer haben sich mittlerweile in die Listen eingetragen. Die aktuelle Rechtslage lässt ein Verbot durch die Stadt allerdings nicht ganz einfach zu.

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"Das ist natürlich Wasser auf unseren Mühlen", kommentierte Jürgen Schmoll, einer der Initiatoren der Bürgerinitiative "Silvesterböllerei - nein danke", die seit einem halben Jahr durch die Bürgerversammlungen in den Stadtteilen tourt und um Unterstützung für ihr Ansinnen wirbt. "Vielleicht können wir uns ja bald auflösen." Er habe ÖDP-Stadträtin Sonja Haider bereits zu ihrer Initiative beglückwünscht, sagt er.

Benoît Blazer, Fraktionsvorsitzender der Grünen/Rosa Liste im Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, der mit einem auf die innerstädtische Isar begrenzten Antrag auf ein Feuerwerksverbot die Diskussion ausgelöst hatte, wäre es natürlich lieber gewesen, die neue Initiative wäre von den Stadtrats-Grünen ausgegangen. "Der ÖDP-Antrag ist natürlich gut. Man muss auf allen Ebenen versuchen, dass sich da etwas bewegt." Wenn wirklich notwendig, müsse man das Sprengstoffrecht ändern. Dann könne die Stadt München frei entscheiden, wo im Stadtgebiet Böllern erlaubt sei. Das sei wichtig.

Die Zahlen sprechen für sich. Böllern nimmt überhand, die Feinstaubbelastung und die Vermüllung von Wohngebieten und Natur nehmen zu. Nach der Nacht auf den 1. Januar 2017 hatten die Münchner Straßenreiniger 50 Tonnen Müll eingesammelt - zehn Tonnen mehr als noch im Vorjahr. 2018 waren es bereits 60 Tonnen, heuer sogar 70 Tonnen. 15 Prozent des gesamten Feinstaub-Ausstoßes des Verkehrs in der Stadt im ganzen Jahr würden allein zu Silvester in die Luft geknallt, sagt Jürgen Schmoll und bezieht sich auf Zahlen des Bundesumweltamts von 2018. Grüne, Linke und ÖDP haben in den vergangenen Monaten bereits mehrere Anträge im Stadtrat gestellt - vergeblich. Die Stadtverwaltung verwies regelmäßig auf die Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums.

Seit diesem Silvester kann sich allerdings auch OB Dieter Reiter (SPD) ein Verbot vorstellen. Wenn er höre, welche Mengen Feinstaub Silvesterknaller jedes Jahr in die München Luft bliesen, müsse man darüber nachdenken, nur noch ein zentrales Feuerwerk der Stadt zu erlauben, sagte Reiter beim Dreikönigstreffen der SPD im Hofbräukeller am Wochenende. Und erntete starken Applaus.

Es zeichnet sich ab, dass der ÖDP-Antrag beim Stadtrat auf offene Ohren trifft. Doch zunächst ist die Verwaltung dran. Die Antwort auf die Anfrage der ÖDP werde "fristgerecht beantwortet", fachlich und rechtlich eingeschätzt und geprüft, hieß es im Kreisverwaltungsreferat am Dienstag. Mehr könne man dazu noch nicht sagen.

Aus Sicherheitsgründen - mit einer Gefährdungslage hat die Stadt Hannover ihr Böllerverbot begründet - gibt es in München jedenfalls keinen Anlass, das Böllern zu verbieten. "Wenn 50 schwere Straftaten angezeigt worden wären, dann würden wir so etwas vorschlagen", sagt Sven Müller, Sprecher im Münchner Polizeipräsidium. Es sei zwar viel los und einige Bereiche wegen der schlechten Sicht durch Feuerwerk kaum durchschaubar gewesen, vor allem am Marienplatz. Es habe zwar Anzeigen gegeben, aber keine einzige echte Festnahme. Aus Sicht der Kriminalität sei ein Verbot nicht haltbar.

© SZ vom 09.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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