Shocking Shorts Award beim Filmfest:Der Zombie, der mich liebte

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Gewinner des Shocking Shorts Award 2015: Maximilian Niemann aus Brandenburg, hier mit Gastgeberin Katharina Behrends von NBC Universal. (Foto: Getty Images)
  • Jungregisseur Maximilian Niemann hat am Dienstagabend den Shocking Shorts Award für seinen Kurzfilm "Five Minutes" gewonnen.
  • Der deutsche Oscargewinner Jochen Alexander Freydank verrät, was einen auszeichnungswürdigen Kurzfilm ausmacht.
  • Game-of-Thrones-Darsteller Tom Wlaschiha erzählt vom Dreh.

Von Ruth Schneeberger

Muss das Mädchen seinen Vater erschießen? Immerhin macht er ziemlich komische Geräusche, sieht nicht mehr ganz frisch aus, hat ein Loch im Arm und steht unter dem dringenden Verdacht, gerade zum Zombie mutiert zu sein. Was also tun? Dem Vater glauben, dass er dennoch Mensch geblieben ist, während von draußen die Untoten unablässig an die Tür hämmern, inklusive der eigenen Mutter?

Kein leichter Stoff, den Jungregisseur Maximilian Niemann da vorgelegt hat für den Kurzfilmwettbewerb "Shocking Shorts", der am Dienstagabend im Rahmen des 33. Münchner Filmfestes in einem leer stehenden Industriegelände am Stiglmaierplatz über die Bühne ging. Und doch hat er die durchaus hochkarätige Jury mit unter anderem einem Oscarpreisträger überzeugen können - ausgerechnet mit einem Zombie-Schocker. Ist das Thema "sabbernde Untote" nicht schon einigermaßen durch, wenn es nicht gerade von Brad Pitt verfilmt wird, und selbst dann?

Nicht, wenn es so packend inszeniert wird, dass der Inhalt schon fast egal ist, und das hat Niemann geschafft. Weshalb er vom Sender NBC Universal nun nach Hollywood geschickt wird - als Gewinner des 16. Shocking Shorts Awards. Der erste Gewinner des Preises war dereinst Florian Henckel von Donnersmarck, der bis beute betont, er wisse nicht, was aus ihm geworden wäre, wenn er damals nicht diesen Preis gewonnen hätte.

Tipps vom Oscargewinner

Das Schnuppern nach Hollywood für Jungregisseure ist das eine, die feierliche Zeremonie in München das andere, mit dem der Sender "13th Street" alljährlich den Schrecken zelebriert. Außer der Preisverleihung, dem Zeigen der ausgewählten Top-3-Shocking-Shorts und einem leicht gruseligen roten Teppich mit Stars und Sternchen der deutschen Schauspielerriege, die sich irgendwie um Horror, Crime oder besondere Spannung verdient gemacht haben, wird hier für Fans des Films und des Schrägen alljährlich einiges geboten.

Die Deko war schon mal detailverliebter und an glamouröseren oder schrilleren Orten als einer leeren Werkstatt, aber ein bisschen Grusel war auch diesmal vorhanden - zumindest beim Buffet: Wenn das Kartoffel-Spinat-Ricotta-Schiffchen auf den Namen "Der Spinat, der mich liebte" getauft wird, ein Hähnchensalat "Pulp Chicken" heißt und das Dessert "Iss langsam: Jetzt erst recht", dann weiß man, welchem Filmfan hier die Stunde geschlagen hat.

Ein bisschen nerdig gab sich dementsprechend auch der Sieger bei der Preisverleihung, dankte aber sehr herzlich seinem gesamten Team. Und dann gab es noch die Gelegenheit, sich bei einem echten Oscargewinner ein paar Tipps für den nächsten Kurzfilm abzuholen. Zum Beispiel bei Regisseur Jochen Alexander Freydank, der 2007 mit "Spielzeugland" die Academy überzeugte und jetzt selbst über die besten Filme der Welt urteilen darf - und auch hier in der Jury saß.

Auf die Frage, was einen guten Kurzfilm auszeichnet, hat Freydank im Gespräch mit der SZ eine messerscharfe Analyse parat: "Wenn er nicht nur ein gespielter Witz ist, wenn er eine eigene Welt kreiert, noch dazu eine Pointe hat und gut gespielt ist." Und all das trifft auf den Siegerfilm zu? "Ja", sagt der Berliner, "und es stört mich wirklich bei vielen Kurzfilmen, dass so viel rumgeeiert wird - und dann kommt irgendwann die Pointe hinten dran."

Hat selbst einst für seinen Kurzfilm "Spielzeugland" den Oscar gewonnen und sitzt jetzt mit unter anderem Schauspielerin Mina Tander (rechts) in der Jury für den "Shocking Shorts Award": Jochen Alexander Freydank. (Foto: Getty Images)

Und warum wird dann so viel rumgeeiert? "Weil es wirklich schwierig ist, in dieser Kürze der Zeit eine eigene Welt zu bauen, Charaktere aufzubauen, die man vorher nicht etablieren konnte, und keine Zeit zu verschwenden. Und wenn es doch gelingt, hat man viele dieser Kurzfilme schon nach 15 Minuten wieder vergessen - wie bei einem Witz, den man auch meist schnell wieder vergisst. Der schlechte Witz ist der eine schlechte Kurzfilm, der andere ist der amputierte Langfilm", sagt der Experte.

Und dann gebe es noch Versuche von Filmschaffenden nach dem Motto: "Wir hatten leider nicht das Geld, also haben wir einen Kurzfilm gemacht. Da erzählt dann einer was vom Pferd und dann ist Schluss. Das sind die ganz schlimmen Kurzfilme." Freydank selbst kümmert sich gerade ganz im Gegensatz um einen Langfilm: Nächste Woche wird in Berlin sein neuer Kinofilm vorgestellt, mit Axel Prahl in der Hauptrolle: "Kafka - Der Bau". Aber eine Serie zu machen, wie sie dem Kino gerade massenweise den Rang ablaufen, das könne er sich inzwischen auch vorstellen.

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In Sachen Serie und Erfolg ist an diesem Abend ein Profi da, der seine Karriere einst am Theater begann: Tom Wlaschiha. Der Berliner Schauspieler gibt in der unfassbar beliebten US-Serie "Game of Thrones" einen Auftragskiller, allerdings einen sympathischen. Einen ähnlichen innerlichen Widerspruch verlieh er zuletzt auch erfolgreich einem Polizisten beim "Tatort": Er spielte den Beamten "Rauschi" in dem Kieler Krimi "Borowski und die Kinder von Gaarden", der das Thema Kindesmissbrauch mal ein bisschen differenzierter betrachtete als üblich.

Fragt man Wlaschiha, was er lieber mag, Kurzfilme oder Endlos-Sagas, sagt er: "Das hat beides seinen Reiz. Ich finde das Kurzformat sehr anspruchsvoll, denn in der Kürze der Zeit eine Geschichte zu erzählen, die dann auch noch einen Witz hat, oder noch drei Wendungen, ist nicht ganz einfach. Ich mag deshalb Kurzfilme - aber ich mag es auch, wenn meine Lieblingsserie nie zu Ende geht." Und wie geht es also weiter mit seinem Charakter in der Serie, dem lieben Serienkiller Jaqen H'ghar? "Ich glaube, dass er einen größeren Plan verfolgt mit Arya, der Hauptfigur, die er begleitet und deren Mentor er ist."

Wie groß seine Rolle und die gesamte Serie werden würde, hat der Berliner nicht geahnt: "Als ich mich für das Casting angemeldet habe, lief die erste Staffel noch nicht bei uns." Wlaschiha hatte keine Ahnung, was er da spielen sollte und wofür, fand allerdings den Charakter interessant, der nur in der dritten Person von sich spricht. Und so nahm die Geschichte ihren Lauf: Wlaschiha wurde genommen und in den vergangenen fünf Jahren ist "GoT" so groß geworden, dass er - außer in Berlin "wo niemand die Straßenseite wechselt, nur weil du Schauspieler bist" - sich wundert, wie oft er auf der Straße als Auftragskiller erkannt wird, obwohl er in der Serie lange Haare und zerlumpte Kleidung trägt. Bei einem Dreh in Bolivien vor zwei Wochen sei sein Aufenthalt sogar live in den Hauptabendnachrichten des Fernsehens gebracht worden.

Mit Jurykollegin Gesine Cukrowski auf dem leicht gruseligen roten Teppich in München: Game-of-Thrones-Darsteller Tom Wlaschiha. (Foto: Getty Images)

Das ist in München anders: An diesem Abend ist er einer von vielen schrägen Filmfans. Und das will er auch sein: "Was mich interessiert, sind weniger Heldenfiguren als gebrochene Figuren. Menschliche Figuren, die Konflikte in sich tragen, wo man viele Facetten ausspielen kann. Ich spiele auch gerne nicht den Sympathieträger. Das ist interessanter."

Weitere Infos zum Shockings Shorts Award hier, die besten Shocking Shorts werden am Freitagabend auf dem Münchner Filmfest gezeigt, Programm hier.

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