Kritik:Spritzige Fusion

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Das Münchner Ensemble "Der gelbe Klang" und das "Ensemble Schwerpunkt" aus Hannover gastieren im neuen Schwere Reiter. Ein audiovisueller Abend mit Licht und Schatten.

Von Klaus Kalchschmid, München

Wenn man das erste Mal im neuen Schwere Reiter sitzt, fühlt man sich wie in einem Filmset, denn der Raum ist eins zu eins die Kopie des alten, das neben dran noch gelegentlich bespielt, aber wohl bald abgerissen wird. Nur der glatte, helle Parkettboden fällt auf, und dass die Akustik doch ein wenig anders ist.

Das Münchner Ensemble "Der gelbe Klang" hatte das "Ensemble Schwerpunkt" aus Hannover zum gemeinsamen Konzert eingeladen und krönte es mit Vito Žurajs großartigem "Runaround" (2014) unter Leitung von Armando Merino. Wer es von der CD kennt, ist überrascht, unmittelbar hinter dem Kontrafagott-Spieler zu sitzen, im Rücken Geige und Klarinette, also mitten im Orchester. Die anderen drei Duos sind weit weg woanders auf der Tribüne platziert, die vier Blechbläser auf der Bühne. Daher ergibt sich ein eigentümlich verschobener Klang, aber die Musik ist so sprechend und klar konturiert, driftet am Ende wunderbar in Freejazz und schräges Walzer-Idiom ab, dass es die pure Freude ist, zuzuhören. Gerne bitte das nächste Mal gleich nochmal im Anschluss - auf einem anderen Platz.

Posaunisten bewegen sich rhythmisch um die eigene Achse

Begonnen hatte das Konzert nicht minder spritzig mit Żaneta Rydzewskas "Zauberwürfel", gespielt vom "Ensemble Schwerpunkt". Instrumentales Theater à la Kagel war das und ebenfalls ein herrlich launiges Stück zeitgenössische Musik: Matthew Brown und Matthew Sadler (Trompete) flankierten Mikael Rudolfsson und Janne Jakobsson (Posaunen) mit Cecilie Marie Schwagers (Horn) im Zentrum und musizierten gemäß dem Titel nicht nur fein versprengte, aber symmetrische Töne, sondern bewegten sich dazu auch rhythmisch um die eigene Achse, was nicht nur bei zwei ausladenden Posaunen sehr lustig aussieht.

Danach spielte Jakobsson die Uraufführung von Jarkko Hartikainens "Embodied" für Tuba solo. Leider war das mit seinen vielen Tönen am unteren Rand des möglichen Ton-Spektrums dieses Instruments nicht viel mehr als ein wenig aufregendes Pflichtstück für das entsprechende Fach beim ARD-Musikwettbewerb.

Liza Lims "Ochred String" (2008) für Oboe, Viola, Violoncello und Kontrabass blieb ebenfalls etwas beliebig und ohne erkennbares Ziel, worauf das Ganze gerichtet sein könnte, während Sara Glojnarićs "sugarcoating (v3.0)" von 2017 für Holzbläser plus Baritonsaxofon, drei Streicher, Schlagwerk und Klavier raffiniert abgemischte, prägnant rhythmisierte homophon strukturierte Klänge bot. Leider war dieses Prinzip nach zwei Drittel ausgereizt, während Carola Bauckholts "Treibstoff", komponiert schon 1995 für fast dieselbe Besetzung, ein aufregend filigranes, fein durchscheinendes Meisterwerk war. Auch hier ergänzte die Optik das Gehörte oder vielmehr: konterkarierte es. Denn nicht nur die Töne von Bassflöte wie vom präparierten Flügel waren mit dem, was man sah, kaum vereinbar.

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