Verkehr:Söder fährt drei Stationen S-Bahn - warum das eine Meldung ist

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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (Mitte) informierte sich bei einer S-Bahn-Fahrt im Februar 2019 über die zweite Stammstrecke in München. Im Jahr darauf wurden - nur intern - Verzögerungen und eine Kostenexplosion bekannt. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der bayerische Ministerpräsident gibt dabei seine Meinung zum öffentlichen Nahverkehr kund. Schon beim Ticketkauf zeigt er sich verärgert.

Von Andreas Schubert

Pünktlich wie die S-Bahn: Um 8.03 Uhr kommt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum Acht-Uhr-Ortstermin am Ostbahnhof an, damit ist er noch immer im für die S-Bahn gültigen Pünktlichkeitsrahmen, der bei fünf Minuten und 59 Sekunden liegt. Söder will sich bei einer Fahrt vom Ostbahnhof zum Marienplatz, das sind drei Stationen, ein Bild vom Zustand des öffentlichen Nahverkehrs machen. Mit dabei sind Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU), diverse Sicherheits- und Presseleute und unter anderem auch S-Bahn-Chef Heiko Büttner. Letzterer kann sich schon mal glücklich schätzen, dass der Ostbahnhof an diesem Tag von der klassischen Stellwerkstörung verschont bleibt. Söder ignoriert eine Sprecherin der Bahn, die mit kostenlosen Streifenkarten in der Hand wedelt, und kauft sich am Automaten ein Einzelticket für 2,90 Euro - zu teuer, wie er findet. Und der Ministerpräsident formuliert gleich vor Mikros und Kameras sein Credo für den Nahverkehr: Mehr Linien, mehr Takt, günstigere Tickets.

Söder wird an diesem Morgen nichts verkünden, was er nicht schon vorher gesagt hätte. Er wiederholt seine Forderung nach einem 365-Euro-Jahresticket, er verlangt mehr Komfort für Bahnreisende, wozu eben bessere Takte und bessere Fahrzeuge gehören, und kündigt an, dass bei einem ÖPNV-Gipfel im März diverse Themen zur Sprache kommen. Dazu gehören unter anderem die Finanzierung des Nahverkehrs und die bessere Kooperation von Kommunen, Landkreisen und Freistaat, mit dem Ziel, irgendwann mit einem einzigen Ticket durch Bayern reisen zu können. "Ein guter Umstieg geht nur, wenn das Angebot da ist und wenn das Angebot günstig ist", sagt Söder.

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In der S 4 Richtung Marienplatz wird es mit Söder und seinen Begleitern, die sich alle in den Waggon quetschen, recht eng. Mit zwei Pendlern kommt der Ministerpräsident schließlich kurz ins Gespräch. Sie berichten von zu vollen U-Bahnen und zu geringer Taktdichte. Zu mehr ist in den fünf Minuten, die der Zug zum Marienplatz braucht, keine Zeit. Andere Fahrgäste betrachten das kurze Gastspiel Söders als S-Bahn-Fahrgast nur relativ verwundert. Es folgt eine Besichtigung der Baustelle am Marienhof, wo Söder und Reichhart die Bedeutung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke betonen und sich von Projektleiter Markus Kretschmer den Baufortschritt erklären lassen.

Danach geben alle Seiten Hoffnungsbekundungen von sich, dass die Stammstrecke wie vorgesehen 2026 fertig werden möge, auch wenn nachträglich am Hauptbahnhof eine U-Bahnstation geplant wird, die das Projekt insgesamt verzögern könnte. Aber dieser Aspekt spielt an diesem Morgen nur eine Nebenrolle. Was für die Protagonisten zählt, ist das Bekenntnis zum öffentlichen Nahverkehr.

Nachdem Söder dann vom Marienhof aus wieder gen Staatskanzlei entschwunden ist, dauert es nicht lange, bis die ersten Reaktionen auf den Termin verschickt werden. Das sei "Las-Vegas-Politik: Show und Glamour, aber nichts dahinter", ätzt Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im Landtag. "Lippenbekenntnisse reichen nicht aus" schreibt die Landtags-SPD. Deren verkehrspolitische Sprecherin Inge Aures teilt mit, dass Söders Forderungen im Prinzip ja richtig seien. Die Staatsregierung müsse aber vor allem in den ländlichen Regionen sehr viel mehr Geld in den ÖPNV investieren.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes stand, Markus Söder sei mit einer schwarzen Limousine weggefahren. In Wirklichkeit fuhr das Auto ohne ihn los und Söder ging zu Fuß.

© SZ vom 07.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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