Gastronomie:"Wir wollen den Rippchen ihre Wertigkeit zurückgeben"

Lesezeit: 3 min

Rippchen wie eine Monstranz: Im St. Ribs wird das Fleisch nicht einfach auf dem Teller serviert, sondern senkrecht auf einem Holzbrett mit Haltestangen. (Foto: Catherina Hess)

Ausgerechnet in den Räumen des ehemaligen Sterne-Vegetariers Tian eröffnet nun das Fleischrestaurant St. Ribs. Zwei Gastronomen möchten hier zeigen, wie man minderwertige Fleischstücke extravagant veredelt.

Von Franz Kotteder

Das Rippchen hat einen recht ramponierten Ruf, das muss man zugeben. Als Sparerib führt es ein Schattendasein in den Biergärten, wird über dem Grill häufig totgegart, besteht zum Großteil aus Knochen, die knappen Fleischreste bleiben gerne zwischen den Zähnen hängen und müssen meist durch einen großen Klacks kräftiger Barbecue-Soße aromatisiert werden. Die gastronomische Karriere endete bisher für das Rippchen bestenfalls in der Röstpfanne für die Saucenfonds in besseren Restaurants, darüber kam nichts mehr.

Zwei Münchner Gastronomen wollen das nun ändern: der Hotelier Max Schlereth, Inhaber der Derag-Livinghotels, und Moritz Haake, Chef der "Burger & Lobster Bank" in der Prannerstraße, der Jacob-Bar am Lenbachplatz und demnächst auch Mitpächter des Haxen-Grills am Platzl, dem früheren Haxnbauer. "Wir wollen den Rippchen ihre Wertigkeit zurückgeben", sagen die beiden. "Sie wurden bisher in der Gastronomie stiefmütterlich und lieblos behandelt." Nun wollen Haake und Schlereth zeigen, was in Spareribs auch stecken kann: nämlich viel Fleisch, butterzart gegart, Köstlichkeiten von Schwein, Rind und Kalb. Und ganz nebenbei handelt es sich hier ja auch noch um eine Marktlücke, die bislang noch nicht besetzt war.

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Die beiden sind sich vor drei Jahren begegnet und haben gleich ganz zufällig über Rippchen gesprochen und darüber, was man daraus machen könnte. So entstand die Idee, ein eigenes Restaurant zu eröffnen. In Schlereths Hotel am Viktualienmarkt lief der Pachtvertrag für das vegetarische Sternerestaurant Tian Ende 2022 aus. Und so beschloss er, eine Art Kehrtwende einzulegen und dort das gemeinsame Fleischrestaurant zu eröffnen.

Nach einem halben Jahr Umbau ist es nun so weit. Wenn man reinkommt, fühlt man sich ein bisschen in eine Filmkulisse aus den Dreißigerjahren versetzt. Dahinten, die Sonne mit ihren Strahlen aus glänzendem Messing, die filigranen Säulen - hat was von den beiden Monumentalschinken "Der Tiger von Eschnapur" und "Das indische Grabmal". Passt schon, findet Max Schlereth, schließlich soll das hier ein Tempel sein für den Fleischgenuss, genauer: für ein unterschätztes Stück Fleisch, das hier die große Bühne bekommt. Und tatsächlich: Die verschiedenen Fleischstücke werden nicht einfach auf einem Teller serviert, sondern senkrecht auf einem Holzbrett mit Haltestangen, wie in einer Monstranz gewissermaßen. Die Inszenierung reicht bis zur Dessertkarte. Deren Star ist das Spaghetti-Eis für zwölf Euro mit verschiedenen Toppings; es wird mit einer speziellen Maschine frisch am Tisch auf den Teller genudelt, dafür gibt es einen eigenen Spaghetti-Eis-Wagen.

Drei Tage mariniert, 24 Stunden im Ofen gegart

Auch auf die Rippchen wurde viel Sorgfalt verwendet, kann Moritz Haake berichten. Zusammen mit seinem Küchenchef Mario Ramsbacher und Dominik Franke suchte er drei Jahre lang nach den Metzgern, die die beste Fleischqualität liefern konnten, und tüftelte an den Rezepten. Nun werden die Rippchen mit Fleisch zwischen 400 und 500 Gramm drei bis vier Tage lang mariniert. Sie bleiben zum Teil bis zu 24 Stunden lang im Ofen, werden dort schonend bei Niedrigtemperatur gegart sowie anschließend glasiert und gegrillt, bis sie sich fast schon von selbst vom Knochen lösen. Zwischen 22 und 29 Euro kosten die Hauptspeisen, es gibt aber auch Salat-Bowls, Pinsa und ein "Prime Sandwich" sowie diverse Vorspeisen. Eine Eigenentwicklung sind die "Crispy Spareribs-Cheese-Bällchen" auf Salatbett, die an spanische Fleisch-Croquetas erinnern.

Die Gastronomen Max Schlereth und Moritz Haake finden: Rippchen wurden zu lange stiefmütterlich behandelt. (Foto: Catherina Hess)

Man sieht schon: Hier werden vermeintlich minderwertige Fleischstücke extravagant veredelt. War das Derag-Livinghotel am Viktualienmarkt 2014 nicht mit dem Anspruch angetreten, besonders nachhaltig zu sein? Und hatte man nicht gerade deshalb den Ableger des berühmten Wiener Tian-Restaurants hier eröffnet? Stimmt schon, sagt Max Schlereth, der nicht nur CEO der Derag-Livinghotels, sondern auch Philosoph und Wirtschaftsprofessor in St. Pölten ist. Er verweist darauf, dass das St. Ribs mit einem Produkt arbeitet, das normalerweise zwar massenhaft anfällt, aber nicht seinem Wert gemäß verarbeitet wird. Insofern, sagt Schlereth, sei auch sein neues Restaurant wieder nachhaltig: "Gerade weil Fleisch eine besondere Ressource ist und nicht endlos verfügbar ist oder sein soll, wollen wir mit dem St. Ribs zeigen, wie Fleischgenuss gut und richtig geht."

Offiziell feiert das St. Ribs am kommenden Montag Eröffnung, danach ist es montags bis samstags von 17 bis 24 Uhr geöffnet, Reservierungen sind unter Telefon 089/565 67 23 und im Internet unter www.opentable.de möglich.

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