Kritik:Wundersam

Lesezeit: 1 min

Das Quatuor Modigliani entzückt im Prinzregententheater.

Von Klaus Kalchschmid, München

Gleichzeitig mit dem Quatuor Ébène gegründet, spielen die vier Männer des Quatuor Modigliani auf einem ebenso hohen, technisch wie musikalisch aufregend begeisterndem Niveau. Das stellten die vier Franzosen im Prinzregententheater erneut unter Beweis mit einem ausgewogenen Beethoven-Schubert-Programm. Das Konzert begann mit dem letzten, in die Zukunft weisenden Quartett des 29-jährigen Beethoven aus seinem opus 18 und wurde nach dem D-Dur-Quartett des 14-jährigen Schubert mit dessen vorletztem Quartett und seinen wundersam tröstlichen Variationen über "Der Tod und das Mädchen" gekrönt.

Schon in den ersten Takten Beethoven interagierten Amaury Coeytaux und Loïc Rio (Geigen), der Bratscher Laurent Marfaing und François Kieffer am Cello traumwandlerisch sicher: Jeder Akkord, jede Phrase und jeder Akzent wirkten spontan gesetzt und sind doch mutmaßlich das Ergebnis langer Probenprozesse. Es herrschten eine Gleichgestimmtheit und ein so präzises Aufeinander-Hören und -Reagieren, dass man das paradoxe Gefühl bekam, dem "Sprechen" von vier Menschen gleichzeitig zuhören zu können und dabei jedes einzelne Wort zu verstehen.

Nie gerierte sich der erste Geiger als Primarius, sondern trat nach wenigen Tönen immer wieder ins musikalische Gewebe zurück und führte trotzdem. Nie spielte sich das Cello-Fundament in den Vordergrund und besaß doch eine große Autorität, die wie im Hintergrund agierte. Traumhaft schön die langsame Einleitung, die dem Quartett seinen Namen gab ("La Malinconia") und dann das spannende Quartett-Experiment des jungen Schubert, der sich auf vielfältigste Weise ausprobierte, was die vier Franzosen sehr ernst nahmen und so zum Ereignis werden ließen.

Danach das Wunderwerk des d-Moll-Quartetts D 810. Nach harschem, schmerzvollem Beginn die vermeintlich tröstlichen Lied-Variationen, das grimmige Scherzo und ein unerbittliches Perpetuum-Mobile-Finale, in dem sich Schubert'sches Melos immer wieder vergeblich zu behaupten sucht, bis, messerscharf gespielt, mit den letzten Prestissimo-Takten die Katastrophe eintritt. Als Zugabe milderte dieses Ende wundersam ein kleines, zauberhaftes Menuett des Knaben Schubert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: