Pilotenstreik am Flughafen München:Überstunden abbauen an Terminal 2

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Erst das Bodenpersonal, nun wollen die Piloten streiken. (Foto: dpa)

Erst das Bodenpersonal, jetzt die Piloten: Drei Tage lang geht am Terminal 2 am Flughafen München so gut wie nichts mehr. Nur wenige Maschinen heben während des Streiks ab, Geschäftsleute erwarten ruhige Tage. In den Zügen könnte es dagegen eng werden.

Von Marco Völklein

Stefan Knoll hat schon viele Arbeitskämpfe im Luftverkehr miterlebt. Im Herbst 2012 zum Beispiel streikten die Flugbegleiter der Lufthansa, und erst vergangene Woche legten Mitarbeiter der Bodenverkehrsdienste den Flugbetrieb teilweise lahm. Was nun aber in den nächsten Tagen ansteht, ein Komplettstillstand bei der Lufthansa, "das hat es noch nie gegeben", sagt der Betriebsleiter der "Erdinger Sportsbar" im Terminal 2 des Flughafens. Mit etwa 40 Prozent weniger Umsatz rechnet er in den kommenden Tagen. Das sind so seine Erfahrungswerte aus den vergangenen Arbeitskämpfen.

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Auch bei vielen anderen Geschäftsleuten im Terminal 2 dürfte in den kommenden Tagen wesentlich weniger Geld hängen bleiben als an einem normalen Betriebstag. "Es wird wohl sehr ruhig werden", prophezeit Flughafensprecher Peter Prümm. In der Tat hat die Lufthansa in den vergangenen Tagen mehr als 150 000 E-Mails an ihre Kunden verschickt, um sie vorzuwarnen. "Die meisten werden erst gar nicht zum Flughafen rausfahren", glaubt Prümm.

Viele Passagiere werden bei innerdeutschen Zielen auf die Züge der Deutschen Bahn ausweichen oder ganz auf die Reise verzichten. Zudem versucht die Lufthansa, die Passagiere, soweit es geht, auf Flüge anderer Gesellschaften umzubuchen. Die Deutsche Bahn jedenfalls versichert, genügend Kapazitäten zu haben, um die Fluggäste befördern zu können. Im Schnitt seien die Fernzüge nur zu etwa 50 Prozent ausgelastet. Lediglich am Freitagnachmittag, wenn ohnehin viele Fernpendler in die Waggons drängen, könnte es mehr als eng werden in den Zügen.

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Beim Ausstand der Lufthansa-Flugbegleiter im Herbst 2012 jedenfalls herrschte im Terminal 2 gespenstische Stille. Lediglich die Lufthansa-Partnergesellschaften, die in der "Star Alliance" zusammengeschlossen sind, wickelten ihre Flüge ab, außerdem die Lufthansa-Tochter Air Dolomiti. Mehr war nicht los. Lediglich ein paar ausländische Passagiere strandeten verwirrt im Erdinger Moos, weil zwar ihr Interkontinentalflug stattfand, dann aber der Anschlussflug mit einer Lufthansa-Maschine streikbedingt ausfiel. Nur einige wenige Passagiere mussten auf den vom Flughafen bereit gestellten Klappbetten übernachten. Und daher orderten auch in der Sportsbar von Stefan Knoll im Ankunftsbereich von Terminal 2 weit weniger Passagiere als an normalen Tagen ein Getränk oder eine Mahlzeit.

Diesmal wird es wohl ähnlich ablaufen, vermutet der Betriebsleiter. Nur dass die Lufthansa-Piloten dieses Mal gleich drei Tage lang am Stück die Arbeit niederlegen wollen. Beim Ausstand der Flugbegleiter im Herbst 2012 beschränkten sich die Aktionen jeweils auf nur einen Tag; danach lief der Flugbetrieb wieder einigermaßen rund. "Diesmal wird es noch heftiger als beim letzten Streik", sagt Gastronom Knoll - und will "spontan reagieren". Je nachdem, wie stark der Einbruch nun tatsächlich ausfallen wird.

An diesem Mittwoch jedenfalls will er zunächst einmal alle sieben Servicekräfte sowie die drei Leute in der Küche zum Dienst antreten lassen - wie an einem normalen Betriebstag auch. Anschließend allerdings könne es gut sein, dass - je nach Andrang - der ein oder andere Kellner früher nach Hause gehen kann. "Dann werden wir eben Überstunden abbauen", sagt Knoll. Und am Abend will er möglicherweise ein oder zwei Stunden früher schließen, sollte sich gar kein Gast mehr an dem langen Sportsbar-Tresen einfinden. Schließlich fallen beim Streik nicht nur die Flugpassagiere weg; auch die vielen Abholer fahren erst gar nicht zum Airport raus.

Treffen wird der Streik auch die anderen Geschäfte im Terminal 2, von denen viele von den Flughafen-eigenen Tochtergesellschaften Eurotrade und Allresto betrieben werden. In welchen Größenordnungen diese mit Umsatzrückgängen in den nächsten Tagen zu rechnen haben, könne man derzeit noch nicht abschätzen, sagt Flughafensprecher Prümm. Auch die Dienstpläne der Beschäftigten in den Läden und Restaurants habe das Unternehmen wegen des Pilotenausstands nicht verändert. Auch an den Auskunftsschaltern werde man kaum zusätzliche Kräfte positionieren, da eher mit weniger als mit mehr fragenden Passagieren zu rechnen sei.

Bei der Lufthansa indes sollen sich vor allem am Info-Telefon mehr Mitarbeiter um die Fluggäste kümmern. Zumindest die Interkontinentalflüge nach New York und Schanghai sollen laut einer Sprecherin planmäßig stattfinden. Bei allen anderen Verbindungen aber sollten sich die Passagiere vorab informieren, ob diese stattfinden. Bereits am Dienstag fielen insgesamt etwa 70 Flüge aus. Dabei handelte es sich meist um Fernverbindungen, die am Mittwochmorgen in München oder Frankfurt landen sollten. Diese Maschinen würden andernfalls auf dem Rückflug Passagiere auf einen bestreikten Airport bringen, von dem sie nicht mehr weiterkommen, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Von daher verzichte man lieber gleich auf diese Flüge.

Das Feiern allerdings wollen sich die Chefs von Lufthansa und Airport durch den Ausstand nicht verderben lassen. Für Donnerstagabend hat sich die mexikanische Botschafterin angekündigt, um den ersten Direktflug der Lufthansa nach Mexiko-City auf die Reise zu schicken. Der soll künftig fünf mal wöchentlich stattfinden. Für den Erstflug zumindest hat die Lufthansa sogenannte "Management-Piloten" verpflichtet. Die streiken nicht.

Informationen zu den gestrichenen Flügen bekommen Passagiere im Internet (www.lufthansa.com) sowie telefonisch unter 0800/850 60 70.

© SZ vom 02.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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