Kritik:Agenten der Poesie

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Dirigentin Christina Pluhar und Countertenor Philippe Jaroussky. (Foto: Michal Novak)

Christina Pluhar, Philippe Jaroussky und das Ensemble L'Arpeggiata begeistern in der Isarphilharmonie. Doch was macht eigentlich James Bond im Barock?

Von Egbert Tholl

Seit 20 Jahren arbeiten sie zusammen, der Countertenor Philippe Jaroussky, die Dirigentin, Instrumentalistin und überhaupt Barockmusikexpertin in allen Belangen Christina Pluhar und das von ihr gegründete Ensemble L'Arpeggiata. 20 Jahre sind eine ungeheuer lange Zeit, aber so, wie alle Beteiligten nun in der Isarphilharmonie diesen Geburtstag feiern, wirkt es, als hätten sie sich gestern zusammengefunden und musizierten aus der Frische des Augenblicks heraus. Das ist fabelhaft, mitreißend und dazu auch noch außerordentlich fundiert im musikalischen Können und Wissen.

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Sie präsentieren Musik, die am Übergang von der Renaissance zum Barock entstand, mehrheitlich am französischen Königshof. Die Oper war als Gattung gerade am Entstehen, daneben manifestierte sich die Emanzipation des Sologesangs auch in Liedern, Canzones, lyrischen Kostbarkeiten. Tatsächlich hat Jaroussky meist ein kleines Büchlein in der Hand, als trüge er Gedichte vor, die von Natur handeln, von Göttern und Nymphen, vom Meer und dem Hinausfahren und natürlich immer von der Liebe.

Jaroussky ist ein charmanter, freundlicher Troubadour, ein Flaneur in den Gefilden der Poesie, er ist aber auch ein Entertainer, ein Erzkomödiant, ein Schauspieler, der aus einem Lied eine kleine, plastische Szene machen kann. Dafür hat er eine stupende Beweglichkeit in der Stimme, kann auch arios triumphieren, bleibt aber immer so federleicht luftig, dass der Klang über allem schwebt und auch das Leise, das ganz Leise bis in den letzten Winkel der Isarphilharmonie schwebt.

Zu diesem Zauber, der sich am heftigsten in Monteverdis Madrigalen und auch einem Ausschnitt aus dessen "Poppea"-Oper manifestiert, liefern Pluhar und ihre acht Musikerinnen und Musiker eine schier überbordende Fülle an Einfällen. Sie begreifen völlig richtig alte Musik als Vorlage zur Improvisation, bis hin zu lustigen Einfällen wie ein James-Bond-Zitat. Mal glaubt man, Paolo Conte sei ein Barockmusiker gewesen, mal swingt man leise zappelnd auf seinem Sitz vor sich hin. Immer verzaubert, immer auch im Geiste animiert. Letzte Zugabe, auf Deutsch: "Zieh' die Kleider aus!" Vermutlich selbst erfunden. Was für ein Spaß.

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