Pegida in München:Mit Recht gegen die Rechten

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Demonstrieren ist ein wichtiges Grundrecht - die Stadt sah jedoch auch die von anderen bedroht. (Foto: Stephan Rumpf)

München vertrat lange die Auffassung, dass tägliche Pegida-Proteste nicht verhindert werden können. Dann änderte die Stadt ihre Argumentation.

Kommentar von Kassian Stroh

Über diesen juristischen Sieg der Stadt kann sich München freuen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat - zumindest im vorläufigen Verfahren - entschieden: Die Einschränkungen der täglichen Pegida-Großdemonstriererei sind rechtens. Die Menschen in München müssen nicht hinnehmen, dass Rechte jeden Montag die halbe Innenstadt lahmlegen, sie müssen nicht klaglos akzeptieren, dass diese täglich den Marienplatz lautstark beschallen. Das ist ein gutes Ergebnis, auch wenn der Weg dorthin schwierig war.

Monatelang vertrat die Stadt die Auffassung, dass sie in diesem Fall keine Handhabe habe, um das zurecht hoch gehaltene Grundrecht zu demonstrieren einschränken zu können. Dann fand sie im Mai einen neuartigen juristischen Kniff: Sie stellte diesem Grundrecht zwei andere entgegen - nämlich das, sich frei bewegen zu können (das tangiert alle Menschen in der Stadt), und das, seinen Beruf ausüben zu können (das betrifft die Ladenbesitzer, deren Geschäfte durch die Demos empfindlich beeinträchtigt wurden).

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In der Abwägung all dessen machte die Stadt den Pegida-Leuten weitgehende Vorgaben. Zahl, Ort und Umfang der Demos wurden beschränkt. Bemerkenswert ist nun, dass diese Linie von den obersten bayerischen Verwaltungsrichtern bestätigt wurde - denselben Menschen also, die es vor eineinhalb Jahren noch als zulässig beurteilten, dass Neonazis zur Eröffnung des NS-Dokuzentrums ihre Parolen skandierten, im Angesicht von Überlebenden der Mordmaschinerie der Nazis. Das entsprechende Verbot der Stadt hoben die Richter damals auf.

Nun zeigt das Ganze zwar eine absurde rechtliche Lücke auf. Im einen Fall dürfen Neonazis aufmarschieren; wenn sie den Montagabend-Einkauf beeinträchtigen, hingegen nicht. Aber München kann sich ja auch über einen Teilerfolg freuen. Dass das Beispiel Schule macht, sollte jedoch niemand erwarten. Die neue Linie der Stadt funktioniert nur wegen der Massivität der täglichen Pegida-Demonstrationen in der Stadt. Und die ist - zum Glück - bislang ein Münchner Einzelfall.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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