Parkservice bei Konzerten:Die Parklotsen im Olympiadorf

Lesezeit: 3 min

Stau schon bei der Einfahrt: Wer bei Großveranstaltungen im Olympiapark im benachbarten Olympiadorf auf Parkplätze hofft, muss früh dran sein. (Foto: Florian Peljak)

Rammstein, Depeche Mode, Pink: Um die Blechlawine bei Großveranstaltungen im Olympiapark besser steuern zu können, haben sich die Nachbarn etwas einfallen lassen. Das ist für die Nutzer nicht billig, hilft aber Besuchern wie Anwohnern.

Von Katharina Thümler

"Bei Rammstein", sagt ein Olympiadorf-Bewohner, "war es die totale Katastrophe". Fans hätten alles zugeparkt, manche hätten schon beim Aussteigen aus dem Auto ihr erstes Bier geöffnet und überall "hingepieselt". Alltag im Olympiadorf, wo die Parkplätze in den unterirdischen Fahrstraßen und auf den Parkdecks ohnehin rar sind. Problematisch wird es dann bei Großveranstaltungen, wie bei den Rammstein-Konzerten mit insgesamt 240 000 verkauften Tickets oder am Dienstagabend bei Depeche Mode.

Um 17 Uhr, wenige Stunden vor dem Beginn des Depeche-Mode-Konzerts, sind die öffentlichen Parkplätze am Helene-Mayer-Ring denn auch bereits vollständig belegt. Autofahrer kreisen suchend umher. An diesem Abend aber ist es anders. Denn Anwohner Christian Treffer hat sich etwas überlegt - um seinen Mitbewohnern die Heimfahrt zu erleichtern und zugleich Konzertbesuchern bei der Parkplatzsuche zu helfen: Er hat auf den privaten Parkflächen des Olympischen Dorfes einen kostenpflichtigen Parkservice organisiert.

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Der Gründer des Olympiawerkes, eines Service- und Handwerkerladens im Olympischen Dorf, hat beobachtet, dass immer wieder abgesperrte Anwohnerparkplätze frei bleiben, während Konzertbesucher im Halteverbot parken. Seine Lösung: Die Bewohner stellen ungenutzte Parkplätze über eine Website zur Verfügung. Die Plätze werden in die App "easypark" eingetragen, Besucher können sie kostenpflichtig reservieren.

So soll verhindert werden, dass die Autofahrer (etwa vor dem P+R-Parkhaus) die Straßen blockieren. Auch Anlieger hätten dann wieder ein Durchkommen, da die Fans die Abbiegerspur zu den Anliegerparkplätzen nicht mehr versperrten. Um die Konzertbesucher auf seine Parkoption aufmerksam zu machen, hat Treffer vier Ordner organisiert. Sie stehen am Helene-Mayer-Ring, sprechen die wartenden Autofahrer an und achten darauf, dass niemand wild parkt.

Denn die Parksituation im Dorf ist trotz der knapp 4000 Parkplätze der Parkharfe angespannt, sogar schon ohne Konzerte: Das städtische Planungsreferat hat bereits 2019 die Parkplatzsituation als prekär bezeichnet. Auch ohne Veranstaltungen liege die durchschnittliche Auslastung der öffentlichen Parkplätze im Olympiadorf bei mehr als 90 Prozent. Das Kreisverwaltungsreferat bestätigte in einer Reaktion auf beantragte Zufahrtskontrollen ebenfalls 2019 den vorhandenen Parkdruck, der "während der Veranstaltungen drastisch erhöht" sei. Die Behörde verwies auf die Notwendigkeit eines erneuerten Parkleitsystems.

Christian Treffer hat an Konzerttagen alle Hände voll zu tun. (Foto: Florian Peljak)

Christian Treffers Ansatz ist pragmatisch. Schon bei den Rammstein-Konzerten hat er seinen Parkservice angeboten. Da habe es noch nicht so gut geklappt, sagt Treffer. Der Schreiner habe an dem Abend allein kontrolliert, ob die Fahrer richtig geparkt hatten - was nicht immer geklappt habe. In den sozialen Medien habe es deshalb sogar einen "Shitstorm" der Anwohner gegeben. Deshalb habe er sich nun für das Depeche-Mode-Konzert vier Unterstützer organisiert. Außerdem sorgen diesmal zwei mobile Toiletten für Sauberkeit. Der Gewinn aus dem Parkservice, abzüglich der Servicegebühr für die App, geht zum Teil zurück an die Anwohner, sie bekommen fünf Euro pro Tag für ihren Parkplatz. Der Rest bleibt Treffer, für seine Ausgaben und als Aufwandsentschädigung.

Das nicht gerade billige Angebot - am Tag des Depeche-Mode-Konzerts immerhin 30 Euro - wird dankend angenommen: Gegen 18 Uhr steigt der Parkdruck, die zweite Ebene des Parkdecks an der Einfahrt ins Olympische Dorf ist bereits voll, nur unten gibt es noch einige Stellplätze. Treffer, braungebrannt, mit Strohhut und breitem Lächeln, fährt mit seinem Lastenrad hin und her. Er zeigt den Autofahrern, wo es noch Parkplätze gibt, hilft mit der App und kassiert ab. Einige Autofahrer muss er zum Umparken auffordern, da sie nicht auf die Beschilderung geachtet haben. Denn nicht alle Parkplätze können genutzt werden - die buchbaren 150 bis 200 Parkplätze werden mit einem pinkfarbenen Schild gekennzeichnet, alle anderen sind weiterhin privat.

Nach langer Suche hat auch Yvonne Panzer einen Parkplatz gefunden. Zuvor hat sie zwei Stunden erfolglos rund um die Olympiahalle gesucht, ist der Beschilderung gefolgt und dabei zufällig auf die privaten Park-Ordner gestoßen. Auch sie ist auf dem Weg zu Depeche Mode und bucht den Parkplatz, ohne erst auf den Preis zu schauen. Mit dem Angebot ist sie aber zufrieden, denn jetzt kann sie endlich ins Stadion zur Band.

Persönliche Ansprache: Freie Parkplätze im Olympiadorf werden jetzt an neuralgischen Tagen auch Auswärtigen angeboten. (Foto: Florian Peljak)

Nur zwanzig Minuten später sind alle Parkplätze über die "easyapp" ausgebucht. Treffer weist seine Ordner an, keine Autos mehr auf das private Parkdeck zu lassen. Vor dem P+R-Parkhaus stehen noch immer einige Autos, mit sichtbar frustrierten Insassen. Es sei ein "voller Erfolg" gewesen, sagt Treffer später in einer ersten Bilanz. Die Straßen im Olympiadorf seien weniger befahren worden, und es habe keine "Wildpinkler" gegeben. Für die noch größer erwarteten Veranstaltungen am 5. und 6. Juli, wenn Pink auftreten will, müssten aber noch ein paar Sachen ausgefeilt werden: "Da braucht es mehr Mitstreiter."

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