Oktoberfest:Tödlicher Streit ist "absoluter Ausnahmefall auf dieser Wiesn"

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Tatort Bierzelt: Vorm Augustiner-Zelt ist am Wochenende bei einem Streit ein Mann ums Leben gekommen. (Foto: dpa)
  • Nach dem tödlichen Streit auf dem Münchner Oktoberfest ist Haftbefehl gegen einen 42-Jährigen erlassen worden. Gegen ihn wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt.
  • Bei dem Opfer handelt es sich laut Polizei um einen 58-jährigen Deutschen aus dem Münchner Umland. Er starb an einer Hirnblutung.

Von Franz Kotteder, Thomas Schmidt und Jakob Wetzel, München

Warum sie sich gestritten haben, weiß die Polizei noch nicht. Doch am Ende der Auseinandersetzung auf dem Oktoberfest ist ein Mann tot, der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft, die Mordkommission ermittelt, und der Ermittlungsrichter hat einen Haftbefehl wegen Körperverletzung mit Todesfolge erlassen. Der Festbetrieb auf der Wiesn geht derweil regulär weiter.

Laut Polizei waren am Freitagabend gegen 22.10 Uhr zwei Männer im Raucherbereich vor dem Augustiner-Festzelt aneinandergeraten, ein 42-jähriger Gerüstbauer aus München und ein 58-jähriger Medienberater aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck, beide alkoholisiert. Die zwei stritten demnach erst verbal. Dann aber versetzte der Münchner dem anderen einen heftigen Schlag gegen den Kopf. Dieser ging zu Boden, konnte sich dann zunächst noch einmal aufrappeln, verlor aber wenig später das Bewusstsein. Zwei zufällig in der Nähe stehende Ärzte, die privat auf der Wiesn unterwegs waren, konnten den 58-Jährigen zwar reanimieren. Wenig später aber starb er im Krankenhaus.

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Der 42-Jährige dagegen tauchte nach dem Streit gemeinsam mit einer Begleiterin in der Menge unter. Die Polizei fahndete nach ihm und nach Zeugen, unter anderem mit einer Durchsage im Augustiner-Festzelt. Dabei suchten die Ermittler vor allem nach einer Frau, die in der Nacht den Sicherheitsdienst des Zeltes gerufen hatte, dann aber gegangen war. Die Frau meldete sich am Samstag bei der Kriminalpolizei ebenso wie weitere Zeugen, die den mutmaßlichen Täter persönlich kennen. Die Polizei habe dadurch bereits die Identität des Verdächtigen ermitteln können, sagte am Sonntag Robert Bastian, Erster Kriminalhauptkommissar bei der Mordkommission.

Doch der 42-Jährige kam einer Verhaftung zuvor: Bereits am Samstag gegen 16 Uhr stellte er sich gemeinsam mit einem Anwalt freiwillig im Polizeipräsidium und sagte, er sei an der Auseinandersetzung beteiligt gewesen. Gegen den Mann hatte die Polizei vor Jahren bereits einmal wegen Körperverletzung ermittelt. Am Sonntag erließ ein Ermittlungsrichter Haftbefehl. Das Strafmaß für eine Körperverletzung mit Todesfolge beträgt zwischen drei und 15 Jahren.

Die Obduktion des Leichnams ergab am Samstag, dass der 58-Jährige an den Folgen einer Hirnblutung gestorben ist. Diese rühre vermutlich nicht von dem Sturz auf den Boden her, sondern von dem Schlag auf den Kopf, heißt es von der Polizei. Es seien aber keine Waffe und auch kein Masskrug im Spiel gewesen. Die Polizei geht nicht davon aus, dass der 42-Jährige den anderen vorsätzlich töten wollte. Er habe kein zweites Mal auf den anderen eingeschlagen, als der am Boden lag oder versuchte aufzustehen, sagt Robert Bastian. Und als er nach dem Streit geflüchtet sei, habe er auch nicht davon ausgehen müssen, dass der andere an den Folgen des Schlages sterben würde. Einen Arzt habe der Mann aber nicht gerufen.

Für den Festbetrieb auf der Wiesn hatte der Vorfall kaum Konsequenzen. Festwirt Thomas Vollmer drückte nach dem Vorfall seine Bestürzung aus, das Augustiner-Festzelt aber hatte am Samstag wieder regulär geöffnet. Ab elf Uhr war es voll, kurz darauf wegen Überfüllung geschlossen. Polizei-Pressesprecher Marcus da Gloria Martins sprach bei der Präsentation der bisherigen Wiesn-Bilanz von einem "absoluten Ausnahmefall auf dieser Wiesn". Er versuchte, die Emotionen zu zügeln: "Wir sprechen hier weder von Mord noch von Totschlag, sondern von einer Körperverletzung mit Todesfolge."

Josef Schmid (CSU), Zweiter Bürgermeister und Wiesn-Chef, sagte, angesichts der erfreulichen Bilanz der ersten Woche "schmerzt es besonders, dass wir auch ein Todesopfer zu beklagen haben". Das Mitgefühl der Stadt sei bei den Hinterbliebenen. Zuvor hatten Tausende Menschen beim Standkonzert der Wiesnkapellen vor der Bavaria mit einer kurzen Schweigeminute des Opfers gedacht.

Es kommt selten vor, dass ein Streit auf dem Oktoberfest tödlich endet. Im Jahr 1991 war ein 20-Jähriger bei einer Messerstecherei umgebracht worden. Vier Jahre später fiel ein Mann nach einer Schubserei auf den Kopf und starb an den Folgen. Zuletzt kam 2014 ein 26-jähriger Australier auf dem Heimweg von der Wiesn ums Leben. Er wurde auf der Bayerstraße von einem Taxi überfahren.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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