Halbzeitbilanz:"Eine wahnsinnig schöne, ruhige und entspannte Wiesn"

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Vergleichsweise leer sieht das Oktoberfest da vom Karussell herab gerade aus. Dabei feiert an den Wochenenden die Bevölkerungszahl von Mainz und Lübeck zusammen. (Foto: Felix Hörhagar/dpa)

3,3 Millionen Menschen hat es bisher auf das Oktoberfest gezogen, 72 Ochsen sind verspeist worden und das Bier verkauft sich gut. Die Bilanz zur Halbzeit ist positiv - auch was die Sicherheit betrifft.

Von Franz Kotteder

Clemens Baumgärtner (CSU), Wirtschaftsreferent und Wiesn-Chef, wollte bei seiner ersten Bilanzpressekonferenz wohl nicht allzu sehr aufs Blech hauen: "3,3 Millionen Gäste sind nach unseren Schätzungen bis zur Halbzeit gekommen", sagte er, "das sind genau so viel wie im vergangenen Jahr." Dabei deutet doch nicht nur der Augenschein auf eine gewisse Steigerung hin. So meldet die Oide Wiesn rund vier Prozent mehr Besucher, insgesamt eine Viertelmillion (im vergangenen Jahr waren es zur selben Zeit noch 240 000). Auch der Wiesn-Sanitätsdienst der Aicher Ambulanz Union berichtet von einem Anstieg der Versorgungszahlen: Nach einer Woche hatte man 3577 Patienten zu versorgen, 2018 waren es in der ersten Hälfte des Festes 2782 gewesen.

Von "Feiern auf hohem Niveau" sprach Baumgärtner, und von einer "Qualitätswiesn". Es seien viel mehr Familien gekommen als in den vergangenen Jahren: "Alles in allem war das bisher eine wahnsinnig schöne, ruhige und entspannte Wiesn." Wen man auch frage auf dem Festgelände, von den Wirten über die Standlbesitzer bis hin zu den Schaustellern: "Jeder ist zufrieden mit dem bisherigen Verlauf." Beim Essen bestätige sich der Trend zu regionalen und hochwertigen Speisen, auch die Mittagswiesn mit den günstigeren Gerichten werde sehr gut angenommen.

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Bis einschließlich Samstag wurden in der Ochsenbraterei 72 Ochsen verspeist (Vorjahr: 70), in der Kalbsbraterei waren es 25 Kälber (2018, in einem Ausnahmejahr, kam man auf 29). Der Bierkonsum ist nach Angaben der Festwirte "stabil". Genaue Zahlen konnte der stellvertretende Wirtesprecher, Christian Schottenhamel, nicht nennen. Bei gleichbleibenden Besucherzahlen dürfte es sich aber um mindestens 3,5 Millionen Liter handeln, denn im vergangenen Jahr waren es am Ende mehr als sieben Millionen Mass.

Darauf deuten auch die Zahlen aus dem Sanitätszentrum hin, die Aicher-Pressesprecherin Ulrike Krivec nannte: "Das häufigste Meldebild stellt mit 361 Fällen die Intoxikation dar." Sprich: die Alkoholvergiftung infolge zu hohen Bierkonsums. Immerhin sind das etwas weniger als im vergangenen Jahr, damals waren es zum gleichen Zeitpunkt exakt 400. Meistens handelte es sich um leichtere Verletzungen, aber 1100-mal musten auch die Fahrtragen ausrücken. Bei 68 Einsätzen bestand Lebensgefahr, meistens handelte es sich dabei um Herzinfarkte und Schlaganfälle. Insgesamt dreimal wurden Sanitäter im Einsatz von Betrunkenen verletzt.

465 Straftaten bei 3,3 Millionen Besuchern - das ist sehr wenig, sagt die Polizei

Bei der Polizei ist der Widerstand gegen Beamte stark zurückgegangen. Pressesprecher Marcus da Gloria Martins berichtete von neun Fällen, fünf weniger als im vergangenen Jahr. Drei Beamte wurden dabei verletzt, 2018 waren es zehn gewesen. Ansonsten ist die Zahl der Einsätze zur Halbzeit mit 1010 zwar gegenüber 2018 mit 924 leicht gestiegen, man könne aber von einer "grundsätzlich sehr positiven und friedlichen Grundstimmung bei den Besuchern" sprechen. Da Gloria Martins: "Wir haben es auf dem Festgelände unter der Woche mit der Bevölkerungszahl von Würzburg und Koblenz zusammen zu tun, auf einer Fläche von 35 Fußballfeldern. Am Wochenende ist das dann wie Mainz und Lübeck zusammen." Wenn man noch bedenke, dass nicht eben wenige dieser Menschen alkoholisiert seien, dann seien die 465 Straftaten, die man in der ersten Woche registrieren musste, vergleichsweise doch sehr wenig.

Annähernd gleich geblieben ist die Zahl der Körperverletzungen, mit 128 gab es ein Delikt weniger als im vergangenen Jahr, 16-mal ging es dabei um Masskrugschlägereien. 25 Sexualdelikte wurden angezeigt, vier mehr als im Vorjahr. In drei Fällen ist dabei von Vergewaltigung auszugehen (Vorjahr: zwei Fälle). Des weiteren registrierten die Beamten 106 Diebstähle (2018: 121) und 136 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. "Cannabis und Kokain halten sich da in etwa die Waage", sagt da Gloria Martins.

Insgesamt gab es 253 Festnahmen, 165 Personen wurden zu ihrer eigenen Sicherheit und um andere Personen zu schützen in Gewahrsam genommen, 23 mehr als im Vorjahr. Stark angestiegen ist die Zahl der Trunkenheitsfahrten im Stadtgebiet, es waren 443 statt 174. Davon gehen 220 auf das Konto von E-Scooter-Fahrern. Insgesamt wurden 256 Führerscheine sichergestellt, 2018 waren es nur 94 gewesen.

Deutlich mehr Fundsachen als 2018 wurden bisher im Fundbüro abgegeben: 1370 statt 865 wie im vergangenen Jahr. Meistens handelt es sich dabei um Kleidungsstücke, Ausweise, Smartphones, Bankkarten, Geldbeutel, Schlüssel und Brillen. Ein Ehering ist dabei, auch ein Duschschlauch in Originalverpackung sowie eine Dekofigur der Freiheitsstatue - "die hat wohl wer mit der Bavaria verwechselt", so Baumgärtner. "Fehlanzeige" meldete der Wiesn-Chef, was einen Wiesn-Hit anging: Heuer gibt es noch keinen, sehe man mal vom "Prosit der Gemütlichkeit" ab. Bei den Souvenirs laufe das offizielle Plakatmotiv auf schwarzen T-Shirts sehr gut. Bei den Kindern seien "süße Lebkuchen-Lamas und laufende Lama-Luftballons der Renner". Das Einhorn zieht also den Kürzeren - warum auch immer.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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