Wie kein anderes Instrument steht das Klavier für die bürgerliche europäische Musikkultur, wie sie im 18. und 19. Jahrhundert entstand. Das hat im 20. Jahrhundert natürlich Bilderstürmer auf den Plan gerufen, die an dieser konservativen Tradition kratzten. Paul Hindemith etwa setzte in seiner "Suite 1922" das Klavier als "interessante Art Schlagzeug" ein, wie er es selbst formulierte. Ein John Cage arbeitete mit Schrauben und Nieten und initiierte damit das präparierte Klavier. Der technische Fortschritt, der elektronische Alternativen anbot, tat ein Übriges.
Das 2015 gegründete Neue Kollektiv München , in dem sich Sängerin Anna-Maria Bogner, der Violinist Mugi Takai, die Pianistin Julia Schölzel, der Komponist und Klangregisseur Friedemann von Rechenberg, der Saxofonist Christoph Reiserer und der Komponist Alexander Strauch eng verzahnt mit Gleichgesinnten und Gästen mit zeitgenössischer Musik beschäftigen, präsentiert nun einen Überblick und eigene Beiträge zu diesen Versuchen, das Klavier zu entrümpeln. Der Abend am 15. Dezember im Schwere Reiter trägt den Titel: "Das Klavier, ein durchaus interessantes Musikmöbel".
Auf dem Programm stehen unter anderem Oksana Omelchuks "Böhmisches Lied", bei dem der Klavier-Korpus mit Spieluhren im Innenraum verfremdet wird, oder Sergey Khismatovs "Microphone Quartet", bei dem innen wie außen angebrachte Mikrofone den Instrumentenklang rückkoppeln. Uraufführungen von Caio de Azevedo und Leon Zmelty - der wie die Performerin Sachiko Hara als Gast mit von der Partie ist - gehen diese Richtung weiter. In Alexander Strauchs neuer Komposition wird das Klavier schließlich beerdigt: jedenfalls seine Funktion als Familienaltar mit Fotos der Liebsten und Zierdecken.
Neues Kollektiv München, Freitag, 15. Dezember, 20 Uhr, Schwere Reiter, Dachauer Straße 114 a, www.schwerereiter.de