Ausstellung:Ein Rettungshubschrauber für das Deutsche Museum

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Maximilian Eichner ist Luftrettungsprofi. Nach dem Hubschrauber BO 105 hat er lange gesucht - und ihn schließlich durch Zufall für das Deutsche Museum bekommen. (Foto: Florian Peljak)

Mit "Christoph 1" wurden in den Siebzigern die ersten Patienten in Kliniken geflogen. Nun bekommt die Flugwerft Schleißheim ein besonderes, aufwendig restauriertes Exemplar.

Von Andreas Schubert

Was sie für einen Schatz da zu sehen bekommen, dürfte vielen Besuchern der Flugwerft Schleißheim gar nicht so direkt bewusst sein. An diesem Freitag übergibt der Förderverein Christoph 1 dem Deutschen Museum einen Hubschrauber vom Typ BO 105 - der in der Zweigstelle in Oberschleißheim zusammen mit etwa 70 anderen Flugobjekte aus ziviler und militärischer Nutzung ausgestellt wird. Der BO 105 steht dann in einer Halle zusammen mit anderen historischen Hubschraubern, und doch ist er etwas Besonderes.

Er ist nicht nur das allererste Serienmodell des vom früheren Hersteller Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) gefertigten Helikopters. Das Modell steht auch für den Beginn der Luftrettung in Deutschland. Denn nach einer zweijährigen Testphase der Luftrettung wurde dieser Helikopter-Typ unter dem Funknamen Christoph 1 vom 1. November 1970 an am Klinikum Harlaching stationiert. Es war die erste zivile Luftrettungsstation in Deutschland. Heute gibt es bundesweit 89 solcher Stationen. Die meisten werden vom ADAC betrieben, an einigen Standorten von der DRF-Luftrettung, dem Bundesinnenministerium, der Bundeswehr und den Johannitern.

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Christoph 1 lautet bis heute der Funkname des Münchner Helis, der natürlich längst ein modernes Modell ist, nämlich ein BK 117 von Airbus Helicopters.

Mit dem BO 105 aber fing alles an. Und Maximilian Eichner vom Förderverein ist es gelungen, nach jahrelanger Suche ein gut erhaltenes Modell aufzutreiben. Der Hubschrauber, der in der Flugwerft ausgestellt ist, war allerdings nie selbst im Rettungseinsatz. Erst das fünfte Serienmodell wurde tatsächlich als Rettungshubschrauber verwendet.

Das Modell mit der Seriennummer 1 wurde von der Technischen Universität etwa zwei Jahrzehnte lang für Forschungszwecke verwendet. Dann vergammelte es in einer Halle der TU in Garching. Und eigentlich wollte die Uni das sperrige Fluggerät längst loswerden. Aber der Hausmeister habe es nicht durch das Tor der Halle bekommen, erzählt Eichner. Als die TU dann später der Feuerwehr vorschlug, den stillgelegten Heli doch für eine Übung zu verwenden und bei der Gelegenheit gleich auseinanderzuschneiden, fiel den Feuerwehrlern ein, dass Eichner genau so ein Modell suchte. Sie riefen ihn an, er schaute sich den BO 105 an und traute angesichts des guten Zustands und der Seriennummer fast seinen Augen nicht. Die TU stiftete den Heli. Ihn aus der Halle zu bekommen, war für die Leute vom Förderverein kein Problem: Sie montierten die Rotoren und das Kufen-Landegestell ab. Das war vor drei Jahren. Der Verein trieb für die Restaurierung etwa 100 000 Euro an Spenden auf, ein Drittel davon spendierte die Kreissparkasse.

Noch fehlt dem Arzt die Kleidung: Die bekommt er aber noch, bevor die Museumsbesucher in Oberschleißheim "Christoph 1" anschauen können. (Foto: Florian Peljak)

Maximilian Eichner ist selbst seit 35 Jahren in der Luftrettung im Einsatz, erst als Sanitäter, seit 1990 als Techniker, der bei den Einsätzen mitfliegt, unter anderem darauf achtet, dass der Heli in Ordnung ist und der bei Rettungseinsätzen die Seilwinde bedient. Nach wie vor sind bei den Einsätzen, wenn auch in seltenen Fällen, seine Kenntnisse als Sanitäter gefragt.

Bei etwa 500 Luftrettungseinsätzen von jährlich 1500 im Raum München ist Eichner mit an Bord. Und er weiß viel über die Luftrettung zu erzählen, auch Trauriges. So berührte 1971 in Allach ein Hubschrauber ein Hindernis und stürzte ab. Der Notarzt wurde aus dem Heli geschleudert und kam ums Leben, Pilot und Rettungsassistent überlebten schwer verletzt. 1975 touchierte ein Hubschrauber in Arget einen Maibaum und stürzte ab. Alle drei Besatzungsmitglieder starben bei dem Unfall. Seit diesen Unglücken, sagt Eichner, arbeite man an der Sicherheit und optimiere die Start- und Landevorgänge.

Christoph 1 kann selbst in engen Großstädten auf Kreuzungen landen. In München ist der Hubschrauber oft auch an der Isar im Einsatz, wo immer wieder Radfahrer verunglücken. Am häufigsten hebe der Hubschrauber ab, wenn jemand wegen eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls den Rettungsdienst alarmiert. Eichner war auch bei der Brandkatastrophe der Gletscherbahn am Kitzsteinhorn im Jahr 2000 dabei, bei der für 155 Menschen jede Hilfe zu spät kam, auch beim Zugunglück in Bad Aibling 2016 bei dem zwölf Menschen starben, war er im Einsatz.

"Ich könnte so viel erzählen", sagt Eichner, der heute 58 Jahre alt ist und in zwei Jahren in den Ruhestand gehen will - weil es dann auch reicht, wie er meint. Gab es auch so etwas wie "schöne" Einsätze? Eichner muss nicht lange nachdenken. Vor vier Jahren sollte eine hochschwangere Frau mit dem Heli in ein anderes Krankenhaus verlegt werden. Das Kind wollte nicht warten und kam an Bord zur Welt. "Die haben dann eine sehr schöne Karte geschrieben", erzählt Eichner. "So was ist aber die absolute Ausnahme."

© SZ vom 26.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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