Münchner Kaffehauskultur:Die Münchner Café-Landschaft ist vielfältiger geworden

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Ähnlich ist das mit dem traditionsreichen Café Erbshäuser an der Ecke Glück-/Kardinal-Döpfner-Straße hinter dem Palais Leuchtenberg. Angeblich wurde hier 1886 die Prinzregententorte erfunden (auf die Vaterschaft pochten seinerzeit allerdings auch noch einige andere Konditoren).

Vor einem halben Jahr eröffneten die Nachkommen von Heinrich Erbshäuser nach einer Renovierungspause das Café wieder. Die Kuchen und Torten sind nach wie vor fantastisch, nur der Gastraum ist leider nicht einmal halb so gemütlich wie der Frühstücksraum eines Low-Budget-Business-Hotels. Wer zur Melancholie neigt oder gar Selbstmordgedanken hegt, sollte so einen Ort eher meiden.

Trotzdem wäre der Eindruck grundfalsch, in der Innenstadt träfe man jetzt nur noch auf die europaweit übliche To-go-Ketten-Plörre aus dem Pappbecher, bestenfalls angereichert durch seltsame Sirup-Beigaben; auf Filialen von Starbucks bis San Francisco Coffee Company, Coffee Fellows oder McCafé.

Tatsächlich ist die Münchner Café-Landschaft in den vergangenen Jahren sogar so vielfältig geworden wie lange nicht mehr. Das liegt vor allem an den vielen kleinen Lokalen, die oft in ehemaligen Ladengeschäften entstanden sind nach dem Motto: Kuchen aus eigener Produktion, Kaffee von einer kleinen Rösterei, dazu ein paar Möbel vom Flohmarkt - fertig ist der Vintage-Coffee-Shop!

Cafe am Beethovenplatz in München, 2017

Frühstücks-Etagere zur Live-Musik: das Café am Beethovenplatz.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Münchner Autorin Diana Hillebrand hat gerade im Volk-Verlag einen Führer durch 35 Münchner Cafés mit ebenso vielen Kaffeehausrezepten veröffentlicht (216 Seiten, 29,90 Euro), in dem es vor allem um diese Kaffeehäuser neuen Stils geht. "Zuhause im Café - eine koffeinhaltige Reise durch München" heißt der von dem Fotografen Johannes Schimpfhauser großzügig bebilderte Band.

"Oasen inmitten der Millionenstadt" nennt Hillebrand diese Lokale, die Café Lotti heißen, White Rabbit, Marita, Gangundgäbe oder Kitchenette. Meist stehen die Betreiberinnen - oft sind es ja Frauen - selbst hinter der Theke: "Sie bewirten, kochen und backen mit Liebe und aus Überzeugung", schreibt Hillebrand, "durch sie leben alte Familien- und Hausrezepte weiter."

Ein typisches Beispiel, das natürlich auch im Buch vorkommt, ist das Café Fräulein in der Frauenstraße 11, gleich beim Viktualienmarkt ums Eck. Die gelernte Konditorin Alexandra Mahlen und ihr Lebensgefährte Peter Eder haben es zusammen mit Christian Doms 2013 aufgemacht.

Früher, als es in der Innenstadt noch einen Rotlichtbezirk gab, war hier eine eher wüste Bar - ein paar Autogrammkarten von Schauspielern und Sängern an den Wänden zeugen noch heute von der Nachtclubvergangenheit. Heute aber blickt man durchs Schaufenster hinein in ein Stückchen heile Welt, mit viel Rüschendeckchen, mit Blümchen bestickten Kissen und Stühlen, "von denen jeder ein Unikat ist", wie Alexandra Mahlen sagt.

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