Pläne für neuen Zweckverband:U-Bahn nach Fürstenfeldbruck? - Wie München in die Zukunft denkt

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Die Stadt München will ihre Planung für den öffentlichen Nahverkehr und andere Infrastrukturprojekte mit den umliegenden Kommunen besser vernetzten. Nun soll der Zweckverband München-West aus der Taufe gehoben werden. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Um die Stadt und das Umland weiterzuentwickeln, ist es nötig, bei Themen wie öffentlicher Nahverkehr, Wohnen oder Schutz von Grünflächen über Kommunengrenzen hinweg zu denken. Nun soll im Münchner Westen ein großer Schritt unternommen werden.

Von Ellen Draxel

Für Pendler klingt es wie eine Verheißung: Münchens U-Bahnen könnten künftig über Germering, Puchheim, Eichenau und Emmering bis nach Fürstenfeldbruck fahren. So zumindest eine Vision, ein "langfristiges Ziel", das im Falle eines Infrastrukturausbaus in einem Verbund der betroffenen Städte und Gemeinden verfolgt werden könnte - und bei dem es nicht nur um den öffentlichen Nahverkehr geht. So zumindest steht es im Entwurf einer Beschlussvorlage, die noch vor der Sommerpause, spätestens aber im Herbst dem Planungsausschuss des Münchner Stadtrats vorgelegt werden soll.

Ein erster Schritt in diese Richtung wäre ein Erwerb der in Frage kommenden Flächen. Grundstücke auf Vorrat für Infrastrukturzwecke zu kaufen, ist in München nichts Neues. Doch jetzt soll diese in die Zukunft gerichtete Politik auf eine neue Ebene gehoben werden. Im Fokus steht die interkommunale Zusammenarbeit beim Flächenerwerb. "Kirchturmpolitik ist heute nicht mehr zweckmäßig", davon ist der Geschäftsführer des bereits bestehenden Zweckverbands Freiham , Stefan Diemling, überzeugt, von dessen Erfahrungen der geplante Zweckverband profitieren kann. Seiner Meinung nach muss man über Kommunengrenzen hinweg zusammenarbeiten.

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In Richtung Germering und Puchheim hat die Stadt München ihre Fühler bereits ausgestreckt. Mehr als das: Gemeinsam mit diesen beiden Städten will die Landeshauptstadt nun einen Zweckverband im Münchner Westen gründen. Geplant ist eine Kooperation bei der Bodenbevorratungspolitik. Die Bürgermeister aller drei Kommunen befürworten das Projekt. Eine solche Partnerschaft - die Zustimmung des Stadtrats vorausgesetzt - wäre ein Pilotmodell, dem alsbald weitere Zusammenschlüsse folgen könnten.

Bezahlbarer Wohnraum, so steht es in der Vorlage zur Gründung des interkommunalen Zweckverbands München-West, sei nicht nur in der Stadt München, sondern auch in den Landkreisen München, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech und Starnberg seit Längerem schon "nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden". Unter anderem, weil es an entwickelbaren Flächen mangele. Eine gemeinsames Vorgehen könne diese Situation verbessern und kommunale Ziele wie eine Weitergabe der Flächen über das Erbbaurecht oder an Genossenschaften und städtische Wohnungsbaugesellschaften verwirklichen helfen. Die Isar-Metropole erwartet sich dank dieser Strategie "eine Entlastung auch des innerstädtischen Immobilienmarktes".

Zudem gewinne die Sicherung von Erholungs- und Grünflächen sowie von Grundstücken zur regenerativen Energieerzeugung immer mehr an Bedeutung. Auch gelte es, für eine Realisierung "langfristiger Entwicklungsachsen für den schienengebundenen ÖPNV oder ein übergeordnetes Radschnellwegenetz" vorzusorgen.

"Der Freiraum ist hier im Westen das Sahnehäubchen"

Beim Modellprojekt mit Germering und Puchheim sollen zunächst die beiden letzten Ziele im Mittelpunkt stehen . Es geht darum, den "gemeinsamen Landschafts- und Erholungsraum" auf diesen Fluren zu bewahren - in Naherholungsgebieten und Schutzzonen wie der Langwieder Seenplatte, der Aubinger Lohe, der Moosschwaige oder der Langwieder Haide. Gut die Hälfte des geplanten rund 4550 Hektar umfassenden Verbandsareals liegt auf Münchner Stadtgebiet. Zweckverbandsmitglieder, argumentiert man im Planungsreferat, könnten mit Ortskenntnis und bereits bestehenden Kontakten zu Grundstückseigentümern punkten.

"Der Freiraum", bestätigt Stefan Diemling, "ist hier im Westen das Sahnehäubchen." Aber "um an Flächen zu kommen, muss man beißen", weiß er aus Erfahrung. In Freiham ist es dank des dortigen Zweckverbands gelungen, das kommunale Grundeigentum im Stadtteil in der Corona-Zeit von 30 auf 50 Prozent zu erweitern. "Das zeigt, wie schlagkräftig wir sind." Ohne den Zweckverband Freiham würde es auch den Freihamer Badesee nicht geben, der voraussichtlich in einigen Jahren den Erholungswert im Münchner Westen enorm steigern wird. "Wir haben Druck gemacht und das geboren, was nun westlich der A99 zwischen Freiham und Germering entstehen soll", sagt Diemling.

Sollte dieses gemeinsame Instrument der Städte München, Germering und Puchheim, das auf mehrere Jahrzehnte Zusammenarbeit angelegt ist, starten können, wäre es ein partnerschaftlicher Verbund. Jede Kommune hätte denselben Mitspracheanteil, je ein Drittel. Der Verbandsvorsitz, ausgeübt durch die ersten Bürgermeister und den Münchner Oberbürgermeister, würde in einem Turnus von zwei Jahren rollieren - beginnend mit dem Puchheimer Verwaltungs-Chef. Jeweils vier Verbandsräte, entsandt aus dem Stadträten, bildeten die Verbandsversammlung, ein Unterstützungs- und Kontrollorgan. Weitere Kommunen des Münchner Westens, etwa Gröbenzell oder Eichenau, aber auch Landkreise sollen dem Zweckverband auch nach der geplanten Gründung "grundsätzlich" beitreten können. Sogar eine spätere Beteiligung des Freistaats Bayern, wie sie im Zweckverband Freiham bereits praktiziert wird, wäre denkbar.

Wie sehr die Stadt München auf das Konstrukt Zweckverband setzt, zeigt auch, dass sie schon mit weiteren Städten und Gemeinden über mögliche Beteiligungen im Gespräch ist. Etwa mit Erding, Penzing und Landsberg am Lech oder Fürstenfeldbruck, jeweils wegen der Konversionen der ehemaligen Fliegerhorste. In München haben die Bezirksausschüsse Aubing-Lochhausen-Langwied, Pasing-Obermenzing und Allach-Untermenzing das Pilotprojekt inzwischen befürwortet - allerdings nicht immer einstimmig. Insbesondere unter Aubings Lokalpolitikern wurden vereinzelt Vorbehalte laut: Die Kritiker befürchten Wohnungsbau auf Flächen, die im Sinne des Klimaschutzes freigehalten werden sollten. Die Reaktion des stellvertretenden Gremiums-Chefs Boris Schwartz, Grünen-Politiker und Stadtdirektor im kommunalen Umweltreferat: "Wenn die Stadt Grundstücke erwirbt, ist mir das deutlich lieber, als dass die Landwirte damit machen, was sie wollen."

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