Ferien im Regen:Was ist nur los mit diesem Sommer?

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Ein einsamer Schwimmer paddelt am Samstag bei Regen auf seinem Surfbrett durch den Riemer See. (Foto: Leonhard Simon)

Der August in München sieht an diesem Wochenende grau und trist aus. Freibäder und Seen sind verwaist, auf der Auer Dult bleiben viele Besucher fern. Dabei ist das Wetter gar nicht so ungewöhnlich, sagt ein Meteorologe. Echt jetzt?

Von Sabine Buchwald

Die Vielschwimmer ziehen ihre Karten durch das Lesegerät am Eingang und verschwinden eilig in Richtung Umkleidekabinen. Manche grüßen kurz in Richtung Kassenhäuschen, wo im Schyrenbad ein freundlicher Mann sitzt - der an diesem verregneten Samstag ziemlich einsam und unterbeschäftigt ist. Bis 14 Uhr waren gerade mal 80 Leute an ihm vorbeigehuscht. So um die 140 werden es wohl bis zum Abend werden, vermutet der Mann hinter der Glaswand. Um 19 Uhr schließt das Freibad in Untergiesing bei schlechtem Wetter. "Luft 15 Grad, Wasser 24 Grad" steht auf einer Tafel. In den Becken ist es also angenehmer als draußen, doch die Besucher bleiben trotzdem fern, wenn die Wiesen patschnass sind.

Die Münchner Freibäder und die Badeseen in der Stadt und im Umland bieten an diesem Augustwochenende ein trauriges Bild. Nur eher sportliche Schwimmer trotzten dem Regen, wie etwa der junge Mann, der im schützenden Neoprenanzug im Riemer See ein paar Runden drehte. Das Beachvolleyball-Feld dagegen ist komplett verwaist. Was ist nur los mit diesem Sommer?

Lust auf Beachvolleyball? Nicht bei diesem Wetter. (Foto: Leonhard Simon)

Ein Anruf beim Deutschen Wetterdienst relativiert jedoch die Annahme, das dieses Mistwetter in den Sommerferien ziemlich ungewöhnlich ist. "Es kommt einem nass vor, aber das war es eigentlich in diesem Sommer nicht. Wir haben vergessen, wie es früher hierzulande war", sagt der Meteorologe, der für München zuständig ist. Verglichen mit den Sommern von vor 20 Jahren sei es jetzt viel zu trocken. So ein paar regnerische Tage, selbst im August, schockieren den Experten nicht, der das mit ein paar Zahlen verdeutlicht.

Verglichen wird beim Deutschen Wetterdienst mit Referenzzeiträumen von 1961 bis 1990 und von 1991 bis 2020. Dabei zeigt sich, dass Juni und Juli in diesem Jahr heißer und trockener waren als in der Vergangenheit. Im Juli 2023 sei ein Mittelwert von 21 Grad gemessen worden. Von 1991 bis 2020 habe der Wert in diesem Monat durchschnittlich nur bei 19,6 Grad gelegen, sagt der Meteorologe. Es habe heuer im Juli fünf Tage gegeben, an denen es heißer war als 30 Grad. Auch diese Zahl liege höher als in der Vergangenheit. Die konstant warmen Sommerwochen, wie wir sie in den vergangenen Jahren hatten, seien für unsere Klimazone eigentlich nicht normal. "Das Klima ist aus dem Gleichgewicht geraten."

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Nicht nur die daheim gebliebenen Münchner dürften sich dennoch über das Regenwetter ärgern, sondern auch viele Veranstalter, die in der Hoffnung auf Sonne ihre Events unter freiem Himmel geplant haben. Von Freitag bis Sonntag fand zum Beispiel das "Munich Sessions Summerfest" auf dem Rindermarkt statt, wo eine große Bühne aufgebaut war. Viele große Schirme schützten halbwegs vor den Regengüssen. Ein charmanter Vorteil hier: Der steinige Untergrund kann sich nicht in Schlamm verwandeln. Entsprechend nutzten gar nicht so wenige Leute das kostenlose Konzertangebot.

Beim Musiksommer im Theatron am Olympiasee, der noch bis 20. August dauert, ist es bei Schauern weniger gemütlich. Hier muss man seinen Schirm selbst mitbringen oder unterm Plastikponcho sitzen. Beim Tanzen vor der Bühne ist es dann eher feucht, auf den umliegenden Wiesen sowieso.

In den Biergärten, am Kulturstrand auf der Corneliusbrücke oder entlang der Isar ging es an diesem Wochenende entsprechend trist zu. Münchens an heißen Tagen so beliebter Fluss fließt derzeit ungewöhnlich dunkelgrün durch die Stadt. Der Wasserstand lag am Samstag durchschnittlich bei 209 Zentimetern, bei 240 Zentimetern würde Meldestufe eins erreicht, schreibt der Hochwassernachrichtendienst Bayern auf seiner Webseite. Vereinzelt liegen auch im Stadtgebiet mitgerissene Baumstämme in der Isar quer. Sie machen Schlauchbootfahrten und Schwimmen gefährlich.

Auch die Auer Dult leidet unter dem Regen

Auch den Standbetreibern auf der Auer Dult macht das Wetter am letzten Wochenende zu schaffen. "Es tröpfelt mehr Wasser vom Himmel als Menschen auf die Dult", sagt ein Antiquitätenhändler frustriert. "Aber mei, was soll man machen", sagt die Kollegin neben ihm. Wer seine Waren schützen will, muss sie immer wieder zu- und abdecken. In der Raritätengasse und vor den Fahrgeschäften bilden sich am Samstagnachmittag große Pfützen.

"Es rentiert sich trotzdem für uns", erklärt Nicole Bachleitner, die fröhliche Chefin von der Holzmanufaktur aus dem Schwarzwald, die "Vesperbretter" verkauft. Sie sei auch auf Tollwood und habe dort schon Dauerregen und Hitzewellen ertragen. Ihr gefalle das Dultpublikum. "Das ist so bodenständig hier." Sobald der Himmel auch nur ein bisschen aufreißt, lassen sich die Besucher auch sofort wieder sehen, essen Bratwürste aus der Semmel oder Baumstriezel.

Laut dem Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes wird diese "wechselhafte Periode" wohl noch ein paar Tage anhalten. Ab Mittwoch dann soll das Thermometer auf um die 25 Grad klettern. Am kommenden Wochenende könnte es wieder hochsommerlich warm werden.

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