Wetter:Leben in Münchens Mikroklimazonen

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Sonne an der Isar muss nicht unbedingt Sonne im Olympiapark bedeuten - und umgekehrt. (Foto: Robert Haas)

Sonne in Giesing kann Regen in der Maxvorstadt bedeuten: In München gelten eigene Wetterregeln. Nur auf eine Jahreszeit ist immer Verlass.

Glosse von Laura Kaufmann

Eine Eigenheit des Münchners ist seine ganz besondere Wetterfühligkeit. Sie rührt daher, dass die Biergärten nur bei schönem Wetter wirklich Freude machen, und auch daher, dass der Münchner heimlich lieber Italiener wäre. Und ein wenig auch daher, dass die Stadt ein ganz eigenes Klima besitzt, zersplittert in Mikroklimazonen, was endlosen Stoff für Smalltalk liefert: Nein, bei uns hat es nicht geregnet, wie, bei dir hat es gewittert?

In München ziemt es sich, mindestens eine gute App installiert zu haben, die einem möglichst genau voraussagen kann, ob ein Feierabend an der Isar möglich ist. Das gute Leben steht und fällt mit dem Wetter. Das Großereignis in der Stadt, zu dem jeder, der schon auf der Welt war, sagen kann, was er so getrieben hat, war der Hagelsturm von '84, der kürzlich Jubiläum feierte. Enttäuschend nur, dass offenbar niemand daran gedacht hatte, rechtzeitig einen Blockbuster mit Veronica Ferres in Auftrag zu geben.

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So wie München seine eigenen Klimazonen hat - die eigroßen Eisklumpen ließen zum Beispiel das Dach des Olympiastadions heile - so hat es auch seine eigenen Bauernregeln. "Öffnet das P1 seine Terrasse, versinkt die Party in Wassermasse" etwa, in dem Fall mehr eine Bussi-Bussi-Regel. Aber die Wahrscheinlichkeit von Regen bei P1-Terrassen-Openings ist mindestens ebenso hoch wie die eines Kälteeinbruchs zu den Eisheiligen. "Macht der Sommer kurz mal Pause, ist wohl gerade Tollwood-Sause" ist noch so eine goldene Regel, die zumindest dieses Jahr wieder anwendbar war (die letzten Jahre mangelte es schlicht an Sommerpausen). Zur Regel mausern könnte sich in Zeiten des Klimawandels: "Das Wetter macht doch was es will, der Weihnachtsbraten brutzelt auf dem Grill".

So wie München seine Mikrowetterlagen hat, besitzt es auch seine eigenen Vorboten, dass der Sommer endlich ist: den Wiesnaufbau zum Beispiel. Höchste Zeit, all die Flaucherfeierabende auszuleben: Die einzige Münchner Jahreszeit, die sich jeder Regel verwehrt, ist nämlich die nach dem Sommer: die Wiesnzeit.

© SZ vom 20.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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