Day-Club:A bsoffene Gschicht

Day-Club: Im neuen Day-Club gibt`s den Sekt schon tagsüber.

Im neuen Day-Club gibt`s den Sekt schon tagsüber.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Früher hieß es Afterwork, heute laden Veranstalter in den Day-Club. Dort darf man tagsüber schon feiern wie sonst eigentlich nur nachts. Das aber könnte ziemliche Verwirrung stiften.

Kolumne von Philipp Crone

Für Angeber ist das jetzt wieder die richtige Jahreszeit, wenn es früher hell wird. Langfeierer können leichter erzählen oder posten, wenn sie nach einer Partynacht erst nach Tagesanbruch heimkommen. Der Moment, wenn der verwegene Weggeher zur gleichen Zeit in die WG-Küche tritt wie der disziplinierte Frühaufsteher vor dem ersten Proseminar des Tages: für manche unbezahlbar.

Es zählt als weiterer kleiner Baustein am Denkmal des Lebenskünstlers, der feiert und sich die Ausbildung trotzdem zügig reinzieht, so schnell wie den letzten Pfeffi vor dem Heimweg morgens um neun in einem Hauseingang der Sonnenstraße. Seit Kurzem kann man nun aber auch tagsüber so feiern wie sonst eigentlich nur nachts.

Der sogenannte Day-Club öffnet um 16 und schließt um 23 Uhr, ist also nichts anderes als das frühere Afterwork, nur dass das nicht neu genug klingt und Afterwork mittlerweile eher vor Drink respektive Bier gesetzt wird, weniger vor Party. "Vor den Toren des Englischen Gartens" heißt es in der Ankündigung und man fragt sich, wo diese Tore wohl sein mögen. Ist wohl auch der moderne Sprech, Day-Club statt Afterwork, Tore statt Eingang. Und statt ab 20 Uhr oder ab 18 Jahren werden die Türen, die vor den Toren, immer "ab 20 Grad" geöffnet. Man kann die Menschen schon vor dem geistigen Auge um kurz vor vier in der Schlange stehen sehen, wie sie versuchen, die Temperatur-App durch heftiges Rubbeln am Smartphone dazu zu bringen, mehr als 20 Grad anzuzeigen. Tages-Club. Ist das erst der Anfang?

Wenn dann die Münchner statt tagsüber nachts am Flaucher liegen, wenn man im Feiermorgenverkehr steht, wenn das Mitternachtsmenü 8,50 Euro kostet mit Grappa statt Espresso und wenn man rechtzeitig zum Freitagmorgenspiel der Bundesliga daheim sein will, Bayern gegen Sechzig, dann ist klar: Man sitzt noch auf einer Stufe irgendwo frühmorgens an der Sonnenstraße und diese Vorstellung war eine verdrehte Verirrung, in Österreich würde man gerade sagen: a bsoffene Gschicht.

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