Wertstoffinseln:Spione, die hinter dem Container lauern

Lesezeit: 3 min

Vermüllte Container, wie hier am Adenauerring, seien ein Zustand, sagt Kommunalreferentin Frank, der München "nicht gut zu Gesicht steht". (Foto: Florian Peljak)

Kommunalreferentin Kristina Frank will Detektive engagieren, um das wilde Abstellen von Müll auf Wertstoffinseln einzudämmen. Eine Undercover-Aktion, die der Rathauskoalition nicht wirklich behagt.

Von Heiner Effern

Unauffällige Frauen und Männer, die sich in der Nähe von Wertstoffinseln herumtreiben. Eine Kamera in der Hand, Plastikhandschuhe in der Jackentasche, um Missetäter gleich überführen zu können. Ein solches Szenario gäbe es künftig an besonders verunreinigten Sammelstellen, wenn es nach Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) geht. Sie will Detektive engagieren, um das wilde Abstellen von Sperrmüll, Bauschutt oder Hausmüll bei den Containern einzudämmen. Doch die Koalition aus Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt will die oberste Münchner Entsorgungschefin im Kommunalausschuss am Donnerstag einbremsen.

"Wir halten es für den falschen Weg, den Leuten hinterher zu spionieren", sagte Grünen-Stadträtin Sibylle Stöhr. Man wolle lieber einen aufklärerischen Ansatz verfolgen als 007-Ambitionen. Auch ihre Kollegin Kathrin Abele von der SPD hätte "kein gutes Gefühl" dabei, mit Detektiven und Bußgeldern zu drohen.

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Fixe Alternativen hätten sie noch keine vorbereitet, auch weil sie noch mehr Informationen einforderten, wo denn die Brennpunkte im Stadtgebiet lägen. Doch eine Tendenz zeichnet sich bereits ab: Grüne und SPD wollen mehr aufklären, auf das bestehende Angebot zur Entsorgung von Sperrmüll hinweisen und auch prüfen, ob man das noch ausweiten könnte.

In Wien sorgen Waste Watcher für Ordnung

Die Grünen haben wie so oft einen Blick auf ihr Vorbild Wien geworfen, wo so genannte Waste Watcher für mehr Sauberkeit in der Stadt sorgen. Etwa 40 hauptamtliche Müllberater und im Zweifel auch Müllkontrolleure mit Bußgeldbefugnis sind dort unterwegs. "Ein Konzept, das man sich anschauen könnte", sagte Stadträtin Stöhr. Die Idee, für mehr Sauberkeit an den Wertstoffinseln städtisches Personal einzusetzen, hatte Kommunalreferentin Frank auch.

Allerdings dachte sie dabei nicht an Mitarbeiter aus ihrem eigenen Haus oder dem ihr unterstellten Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM), sondern an den städtischen Sicherheitsdienst. Man hätte sich "diese Aufgabe auch in den Händen des Kommunalen Außendienstes vorstellen können, was durch das KVR allerdings abgelehnt wurde", sagte Frank.

Sie ließ ihre Augen nicht bis nach Wien wandern, sondern begnügte sich mit dem kurzen Blick nach Ebersberg. Die Kreisstadt setzt seit 2010 auf Detektive, die Sammelstellen beobachten. Menschen, die illegal zum Beispiel Sperrmüll abladen, dürfen sie nach geltender Rechtslage zwar nicht ansprechen oder mit einem Bußgeld verwarnen, aber sie können Fotos machen und den abgeladenen Müll auf Hinweise untersuchen, die die Identität der Verschmutzer belegen.

Das anschließende Verfahren leitet dann als hoheitliche Aufgabe die Kommune ein. Frank wollte nach diesem Vorbild auch in München Detektive für einen sechsmonatigen Pilotversuch engagieren. Möglicherweise kommen sich Grüne und Frank aber bei der Wien-Idee näher, denn auch die Kommunalreferentin wollte nach einem erfolgreichen Testeinsatz darüber nachdenken, beim AWM sogenannte "Abfall-Scouts" einzuführen.

Hot Spots sind die Ein- und Ausfallstraßen

"Selbst engmaschigere Leerungen und Reinigungen der Container-Standplätze durch die verantwortlichen Entsorgungsfirmen führen nicht zu einem ausreichend ordentlichen Stadtbild", legte sie ihre Gründe dar. "Insbesondere an einigen 'Hot Spots' kommt es zu groben Verunreinigungen durch das illegale Ablagern von Rest- oder Sperrmüll oder gar Elektrogeräten." Laut ihrem Haus sind solche Hot Spots die Ein- und Ausfallstraßen, beispielsweise in Allach oder Solln. Eine auffällige Häufung von vermüllten Wertstoffinseln finde sich auch in Riem .

Dass Handlungsdruck besteht, sieht auch die Koalition. Das wilde Entsorgen von Müll sei "ein wahnsinniges Ärgernis", sagte SPD-Stadträtin Abele. Punktuelle Kontrollen von Detektiven brächten aber keine verlässliche Verbesserung, sondern könnten das Problem "bloß verlagern", fürchtet Stadträtin Stöhr. Dass der Zustand der Wertstoffinseln den Anwohnern auf der Seele brennt, das erlebt das Kommunalreferat direkt. Allein über die erst seit Anfang März 2022 bestehende Plattform "Mach München besser" seien 70 Mitteilungen zu verunreinigten Wertstoffinseln eingegangen, erklärte die Behörde auf Anfrage.

Die mit der Reinigung und Leerung der Wertstoffinseln beauftragten Firmen meldeten eine deutliche Zunahme von Müll, der dort nichts zu suchen habe. Steigerungen von 25 Prozent in einem Jahr seien zuletzt registriert worden. Vermehrt würden auch "Bauschutt, Baustoffe und zum Beispiel leere Farbeimer von Handwerkern beziehungsweise Baufirmen" vorgefunden, hieß es von den Firmen.

Im schlimmsten Fall stand der Restmüll dann auch noch vor zu vollen Containern neben einem Flaschenmeer, das die Stadt und die privaten Entsorger mit einer erhöhten Leerungsfrequenz trocken legen wollen und teils auch schon haben. Vermüllte Container seien ein Zustand, sagte Kristina Frank, der München "nicht gut zu Gesicht steht".

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