Immer donnerstags geht in der kleinen Giesinger Eckbar namens "Weinstube" das Licht an. Sie sieht nicht nur so aus, als würde sie zum Restaurant nebenan gehören. Als die Vormieter kündigten, sicherten sich die "Dantler"-Gastronomen den Nachbarladen mit dem schönen, großen Rundbogenfenster und eröffneten im vergangenen Herbst dort die "Weinstube". "Im Dantler haben wir nur noch Menüs. Das ist natürlich nicht für jeden so zugänglich", sagt Maximilian Süber, der das gehobene Restaurant zusammen mit Jochen Kreppel betreibt. "Hier wollen wir wieder etwas haben, wo auch die Nachbarn vorbeischauen können, einfach auf ein Glas Wein und einen Snack."
Der "Dantler" ist ein gehobenes Restaurant, in dem kreative Gerichte auf eine ausgetüftelte Weinbegleitung treffen. Ohne weiße Tischdecken und ohne Attitüden - aber einen Menüabend mit Weinbegleitung kann sich eben trotzdem nicht jeder gönnen. Der "Dantler" ist inzwischen erwachsener geworden; früher einmal war er das wilde "Upper Eat Side", mit wechselnden Kleinspeisen, die sich der Gast individuell zusammenstellen konnte. Der "Dantler" hat heute durchaus eine ähnliche Atmosphäre, aber eben die Menüs. Und für das zwanglosere Zusammenkommen soll nun die "Weinstube" da sein.
Der kleine Raum hinter dem riesigen Schaufenster hat ein paar Plätze an der zentralen Bar und den an Wänden drumherum. Wenige, aber das macht den Charme aus. Die Treppe neben der Bar führt hoch in einen kleinen Flur, davon geht neben der Toilette auch ein gemütlicher Raum mit Sesseln und Sofas ab. Wie das Wohnzimmer einer kleinen, hübschen Altbauwohnung wirkt das. Geradezu eine Einladung, hier die Füße hochzulegen und mit Freunden ein gutes Glas Wein zu trinken.
Zu dem Vorteil, dass die "Weinstube" "zugänglicher sei", sagt Süber, käme noch, dass sie hier wieder wilder experimentieren könnten. Die Weine im "Dantler" nebenan müssen zu den Speisen passen. In der "Weinstube" aber können die abgefahrensten Sachen angeboten werden.
Ein Pétillant Naturel "Ordinaire" aus dem Burgenland zum Beispiel (0,1 für 9 Euro), ein noch gärender Wein in Sektflaschen gefüllt, heiße Nummer aus der Reihe Naturweine momentan, schmeckt prickelig und trotzdem trüb-trocken, mit wenig Alkohol. "Wäre gar nicht meins", sagt die Begleitung und hält sich an den Riesling, später an einen Weißburgunder, beide hervorragende Trinkweine zu je 7 Euro.
Alles kann, nichts muss. Wer zum Beispiel keine Lust auf Wein, aber trotzdem auf Experimente hat, kann etwa das Indian Pale Ale "Carrot Cake" von Orca Brau testen (0,33 für 6 Euro), das, wie der Name schon verrät, nach Karotte schmeckt. Grundlage für die immer wieder wechselnden flüssigen Geschmackserlebnisse bieten belegte Brote in "Dantler"-Manier: Poltinger Seeforelle, leicht gebeizt, Meerrettich, frische Kräuter darauf, und angebrazter Kas. Gehobelten Comté mit Trauben probieren wir, "ein Brot für zwölf Euro also", sagt die Begleitung frech, aber natürlich ist die Qualität eine etwas andere als beim To-go-Bäcker.
Auch die Speisen wechseln, in der Vorwoche gab es Gourmet-Tacos, gerade Kimchi-Grilled-Cheese-Sandwiches. Dazu seit kurzem eine großzügige Terrasse in die nette Herzogstandstraße hinein. Noch operiert die "Weinstube" als eine Art wöchentliches Donnerstags-Pop-up. Bald soll sie mehr Öffnungstage bekommen. Die Nachbarschaft wird es freuen.
Weinstube Giesing , Werinherstraße 15, 81541 München, Telefon: 089/75979785, Öffnungszeiten: Donnerstag von 18.30 bis 24 Uhr.