Verkehrswende:Wie München beim Verkehr die Klimaziele erreichen kann

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Auch der Ausbau der S-Bahn mit der zweiten Stammstrecke gehört zu den Projekten für die Erreichung der Klimaziele. (Foto: Florian Peljak)

Ein Gutachten zeigt, dass eine drastische Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2030 möglich ist. Viele notwendige Maßnahmen dazu sind schon beschlossen, doch sie allein werden nicht reichen.

Von Andreas Schubert

Werden Anwohnerausweise für Autofahrer irgendwann 300 Euro im Jahr kosten, also zehn Mal so viel wie aktuell? Werden Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet fällig und wird das Parken dann 20 Euro am Tag kosten? Wird die Altstadt autofrei und zwar innerhalb des Altstadtrings? Geht es nach einem Gutachten des Büros Intraplan, müsste die Stadt zu solchen Maßnahmen greifen, um das Autofahren unattraktiver zu machen und dadurch einen wirksamen Beitrag zu den europäischen Klimazielen zu leisten. Im Gegenzug soll der öffentliche Verkehr deutlich ausgebaut werden, mit dichterem Takt und einem größeren Angebot auf Schiene und Straße.

Mit dem Klimaschutzgesetz hat sich Deutschland das Ziel gesetzt, im Verkehrssektor die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 42 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. 2020 hat die EU noch einen draufgesetzt und als Ziel eine Reduktion von 55 Prozent festgeschrieben. "Geht man davon aus, dass sich dies proportional auch auf die nationalen Klimaziele auswirken wird, so muss der Verkehrssektor in Deutschland mindestens 53 Prozent CO2 - Emissionen gegenüber 1990 einsparen", schreiben die Gutachter.

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Die Studie ist im Auftrag des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV), der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), der Bayerischen Eisenbahngesellschaft und der Landeshauptstadt München entstanden. Das Mobilitätsreferat hat sie auf seiner Homepage muenchenunterwegs.de veröffentlicht. Ziel war es herauszufinden, wie und ob die 53 Prozent auch im MVV-Gebiet zu erreichen sind.

Um das Fazit der Gutachter vorwegzunehmen: Es ist ambitioniert, aber beinahe machbar. Indem sie eine ganze Palette an Maßnahmen in ihre Berechnungen mit einbeziehen, kommen sie auf eine mögliche Reduktion der Treibhausgase von 51 Prozent im Vergleich zu 1990.

Allerdings braucht es dazu neben der stärkeren Regulierung und Reduzierung des Autoverkehrs eine ganze Reihe einzelner Maßnahmen in verschiedenen Bereichen des Verkehrs. Dazu gehören der öffentliche Nahverkehr, der Rad- und Fußverkehr und die sogenannten On-demand-Verkehre (zum Beispiel Sammeltaxis, Bike- oder Carsharing), der motorisierte Individualverkehr sowie die Elektrifizierung der Verkehrsmittel. Vieles davon wurde beziehungsweise wird bereits umgesetzt oder ist zumindest beschlossen, etwa neue Tramlinien, die zweite S-Bahn-Stammstrecke, der Altstadt-Radlring oder der Radschnellweg nach Garching und noch einiges mehr.

Die Gutachter gehen davon aus, dass es möglich ist, die CO2-Emissionen im öffentlichen Verkehr (inklusive Fernverkehr) bis 2030 um 69 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern, die des Autoverkehrs um 50 Prozent für denselben Zeitraum. Im Vergleich zum Jahr 2018 wären es bei den Autos sogar 55 Prozent. Das entspricht einer Senkung des Ausstoßes von 3,3 Millionen Tonnen CO2 auf 1,5 Millionen Tonnen und macht den weitaus größten Teil der Reduktion aus. Der klimafreundlichere öffentliche Verkehr stieß im MVV-Gebiet im Jahr 2018 lediglich 131 692 Tonnen aus. Greifen alle aufgelisteten Maßnahmen, so soll hier der Ausstoß auf 40 129 Tonnen sinken.

Münchens Mobilitätsreferent Georg Dunkel sieht den Kurs seines Hauses durch die Studie bestätigt. Doch dies reiche noch nicht aus, teilt er mit. "Wir benötigen als Kommune auch mehr Möglichkeiten, um selbständig zu handeln, zum Beispiel beim Thema Parkgebühren", so Dunkel. Ohne die passenden rechtlichen Rahmenbedingungen und eine angemessene finanzielle Förderung könne ein Umsteuern nicht gelingen. MVG-Chef Ingo Wortmann erklärt, man sei in den vergangenen Jahren nicht tatenlos gewesen und habe "kein Erkenntnis-, sondern eher ein Umsetzungsdefizit". Doch für einen noch attraktiveren öffentlichen Verkehr brauche es "bedeutend mehr Fördermittel".

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