Sachspenden für Geflüchtete:Was wird in der Sammelstelle im Olympiapark gebraucht?

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Von der richtigen Seite ist der Weg zur Kleinen Olympiahalle, wo die Stadt Sachspenden für Ukraine-Flüchtlinge sammelt, gut ausgeschildert. Wer von woanders kommt, etwa dem Olympiadorf, muss länger suchen. (Foto: Robert Haas)

Eigentlich hatte die Stadt für Geflüchtete aus der Ukraine um Bargeld gebeten. Weil es dann aber kurzfristig zu Engpässen kam, sammelt das Sozialreferat nun in der Kleinen Olympiahalle Windeln, Shampoo und Hundefutter. Was jetzt noch fehlt.

Von Sven Loerzer und Ulrike Steinbacher

Dass es beim Abgeben der Spenden für Menschen aus der Ukraine ein bisschen ruckelt, lässt sich durchaus als Symbol sehen für die Bemühungen der Stadt überhaupt, die Geflüchteten zu unterstützen. Da ist viel guter Wille, Hilfs- und Improvisationsbereitschaft, da ist aber auch wenig Organisation und Struktur.

Wer im Olympiapark aus der falschen Richtung kommt, hat Pech. Von der richtigen Seite, vom Mittleren Ring, ist der Weg zur Kleinen Olympiahalle, wo die Stadt Sachspenden für Ukraine-Flüchtlinge sammelt, gut ausgeschildert. Die Frau aber, die mit dem Rad aus dem Olympiadorf herübergefahren ist, und die andere, die zu weit westlich geparkt hat, sie irren mit ihren Kissen und Decken an diesem frühlingshaften Montag eine ganze Weile herum, bevor sie auf den ersten Hinweiszettel stoßen. Und der hebt ihre Laune sicher nicht: "Bitte keine Decken, Handtücher, Kissen etc. mehr" steht handschriftlich darauf. "Lieben Dank!"

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Vergangene Woche noch waren die Münchner aufgefordert worden, lieber Geld zu geben als Gegenstände, das lasse sich flexibler einsetzen. Am Sonntag aber verbreitete die Stadt ihren Sachspenden-Aufruf - wegen "Lieferengpässen", wie es hieß. Dem widerspricht entschieden im Hinblick auf Hygieneartikel Rainer Zwetko, Gründer des Fachhandelsunternehmens Zwetko GmbH. Zwetko liefert nach eigenen Angaben für die Regierung von Oberbayern Hygieneartikel für Flüchtlingsunterkünfte, auch Krankenhäuser gehören zu den Kunden.

Zwetko hatte sich schon gewundert, warum die Stadt nicht aktiv geworden ist, als der Krieg begann. Erst vergangenen Mittwoch habe sich die Stadt gemeldet, man habe dann die Ware auf die Schnelle organisiert. Weitere Bestellungen erfolgten nicht. Dabei sei das meiste lieferbar, betont Zwetko, die Lager seien keinesfalls leer und die Preise bewegten sich im üblichen Rahmen. Offenbar ist die für die Ausschreibung und Beschaffung zuständige städtische Vergabestelle nicht in der Lage, die Einkäufe kurzfristig abzuwickeln.

In der Kleinen Olympiahalle sortieren freiwillige Helfer die Spenden der Münchnerinnen und Münchner. (Foto: Robert Haas)

So einfach sei das nicht, sagt Frank Boos, der Pressesprecher des Sozialreferats. Grundsätzlich beschaffe die Stadt alle notwendigen Dinge über Rahmenverträge. Wenn es eile, wie am Freitag, würden "auch andere Marktteilnehmer kontaktiert". Fürs Wochenende seien aber viele Neuankömmlinge angekündigt gewesen und bestimmte Dinge hätten "nicht mehr so kurzfristig geliefert werden" können, nicht einmal gegen Bargeld. Daher habe sich der Operative Stab für den Spendenaufruf entschieden. So soll auch künftig die Erstversorgung sichergestellt werden, so Boos. Zusätzliche Sammelpunkte in der Stadt seien aktuell nicht geplant.

Also bekam Eva Müller, die in normalen Zeiten in der Rechtsabteilung des Sozialreferats arbeitet, am Samstag einen Telefonanruf, dass sie am Sonntag und Montag in der Kleinen Olympiahalle bei der Koordination der Spendensammlung helfen soll. Deswegen steht sie jetzt in der riesigen Anlieferzone im Keller und nimmt tütenweise Hilfsgüter in Empfang. Ein "Sprung ins kalte Wasser" sei das erst mal gewesen, erzählt sie, aber es werde schon besser. Angefangen habe man "ganz blank", am Montag seien Sackkarren gebracht worden, jetzt müsse man immerhin die Kisten nicht mehr herumtragen.

Fertig gepackte Kisten verteilt die Stadt an Hotels und Unterkünfte

Helfer befüllen diese brandneuen Umzugskisten mit dem, was die Münchner so vorbeibringen. Es gibt Sammelpunkte für Trinkfläschchen und Sauger, Windeln, Babynahrung, Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe, Hygieneartikel aller Art, Hunde- und Katzenfutter, Zahnpasta, sogar für "Zahnpflege dritte Zähne". Sortiert wird in drei Schichten zu je zehn Helfern, die die Freiwilligenbörse vermittelt hat. Die fertig gepackten Kisten verteilt die Stadt dann an Hotels und Unterkünfte, die Bedarf angemeldet haben.

Nicht mehr angenommen werden in der Kleinen Olympiahalle Kissen, Decken, Schlafsäcke und andere Textilien, mittlerweile sind sie aus dem Spendenaufruf auf der Website verschwunden. "Da haben wir genug", sagt Eva Müller und zeigt auf einen gewaltigen Berg an Bettzeug. Für Helferin Lisa heißt das, dass sie den größten Teil ihrer Spenden wieder mitnehmen muss. Nur drei Packungen Tampons und drei Zahnbürsten ist sie losgeworden. Macht nichts, sagt sie, versucht sie es eben woanders. "Man muss nicht immer so typisch deutsch sein."

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