Kriegsflüchtlinge in München:Caritas fordert "mehr Tempo" von der Politik

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Gabriele Stark-Angermeier und Hermann Sollfrank von der Caritas fordern mehr staatliche Unterkünfte. (Foto: Robert Haas)

Man müsse Geflüchtete aus der Ukraine schneller von München in andere Städte weiterleiten. Expertinnen warnen vor dubiosen Wohnangeboten direkt am Hauptbahnhof.

Von Bernd Kastner

Etwa 2000 Menschen aus der Ukraine kommen derzeit am Hauptbahnhof an, täglich. Um ihre Versorgung sicherzustellen, sieht die Münchner Caritas Bundes- und Landesregierung "in der dringenden Pflicht", die Geflüchteten in andere Städte und Kreise weiterzuleiten. Die Politik müsse "mehr Tempo in ihre Entscheidungen und Umsetzungsprozesse bringen", sagte Caritas-Direktor Hermann Sollfrank bei einer Pressekonferenz. Wie geht es für die Geflüchteten weiter nach den ersten Tagen in Notunterkünften? "Das ist unklar und bedarf schneller Lösungen." Die Kapazitäten in München seien bald erschöpft. "Wir brauchen mehr staatliche Unterkünfte", fordert Sollfrank.

Bei der Erstversorgung der Ankommenden steht die Caritas ganz vorne, sie organisiert den Infopoint in der Schalterhalle des Hauptbahnhofs, es ist die erste Anlaufstelle. Dieser Platz aber werde wegen des Bahnhofsumbaus bald nicht mehr zur Verfügung stehen, sagte Bettina Spahn, Leiterin der Bahnhofsmission. Sie spricht sich für ein neues Ankunftszentrum in unmittelbarer Bahnhofsnähe aus, wo alle Erst-Stationen unter einem Dach sein sollten: Information, Beratung, Registrierung durch die Polizei, Corona-Test. Bisher findet sich das, wenn auch direkt im oder am Bahnhof, an verschiedenen Orten. Immerhin, drei Wochen nach Kriegsbeginn habe man inzwischen "etwas Ordnung" in die Organisation gebracht, sagt Spahn mit Blick auf die involvierten Behörden und Organisationen.

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So groß die Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung ist, so sei doch auch Vorsicht geboten, heißt es von der Caritas. Grund für die Warnung sind Berichte über dubiose Personen, die in den vergangenen Wochen versucht hätten, im Hauptbahnhof Frauen und Kinder mit einem Wohnangebot zum Mitgehen zu animieren. Gabriele Stark-Angermeier vom Caritas-Vorstand erzählt, dass sie selbst so einen Versuch mitbekommen habe, als Männer Quartiere für 50 Geflüchtete angeboten und gesagt hätten, dass ihnen am liebsten Frauen mit Kindern seien. Sie sei froh gewesen, dass die Polizei sofort interveniert habe, sagt Stark-Angermeier. Es sei zu befürchten, dass mit dieser Masche Frauen in die Zwangsprostitution gelockt werden sollen.

Es wird dringend davon abgeraten, am Bahnhof mit jemandem mitzugehen

Bettina Spahn sagt, dass sie zwar noch kein systematisches Vorgehen bemerkt habe, aber doch Einzelfälle: "Man muss dem von Anfang an entgegenwirken." Nadiia Klymchuk, die ehrenamtlich am Infopoint dolmetscht, berichtet, dass immer wieder Deutsche in den Bahnhof kämen und Wohnung oder Haus anböten. Auch wenn vermutlich die meisten Angebote seriös seien, rät die Caritas dringend davon ab, am Bahnhof mit jemandem mitzugehen. Die Caritas vermittle keine Privatunterkünfte, betont Stark-Angermeier. Dies tue der Verein "Münchner Freiwillige".

Plätze in kirchlichen Häusern versucht die Erzdiözese München und Freising zu akquirieren. Von etwa 30 der 750 Pfarreien wisse man, dass sie Unterkünfte bereitstellen, tatsächlich dürften es mehr sein, sagt Richard Stefke aus dem Ordinariat. Zudem biete die Erzdiözese etwa ein leer stehendes Studentenwohnheim in der Maxvorstadt an, sieben leer stehende Wohnungen im Besitz kirchlicher Stiftungen und Räume im Tagungshaus Schloss Fürstenried.

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