Typisch deutsch:Butterbrocken und ein verbrannter Geruch

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Der Kuchen unserer Autorin war nicht wie hier mit Puderzucker bestäubt, sondern mit Zuckerguss bestrichen - voller Butterbrocken. (Foto: mauritius images / foodcollectio)

Backen ist keine Kunst. Doch selbst das einfachste Rezept der Welt kann misslingen, wie unsere Autorin bei ihrem ersten Versuch feststellen musste.

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Nicht ganz zu Unrecht wird immer wieder gesagt, dass Backen wie eine Wissenschaft ist. Wer den Teig für die Geburtstagstorte vermasselt, riskiert viel. Kein Wunder also, dass Backen einschüchternd wirken kann. Mir jedenfalls ging es seit meiner Flucht ins Bäckerland Bayern stets so.

Ich koche leidenschaftlich gerne. Aber vom Anfertigen von Kuchen, Gebäck und Brot habe ich mich stets ferngehalten. Es brauchte diese Krise, dass ich mich erstmals überhaupt auf Bäckersfüße gestellt habe. Ich begann damit, das einfachste Kuchenrezept der Welt zu googeln: Vanillekuchen aus Butter, Zucker, Eier, Mehl, Backpulver und Vanilleextrakt. Was kann da schon schief gehen? Weil ich keinerlei erwähnenswerte Backausrüstung besitze, lieh ich mir eine Kuchenform und zwei Schneebesen. An einem Samstag schritt ich dann zur Tat.

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Backen ist in der Tat ein heikles Unterfangen. Rührt man den Teig zu kräftig, bekommt man ein gummiartiges Durcheinander. Verwendet man zu viel Backpulver, fällt der Kuchen in sich zusammen. Vergisst man, die Pfanne einzufetten, wird man das gewünschte Gebäck in Stücken herauskratzen.

Trotz dieses Vorwissens war ich von einer manuellen Backtechnik überzeugt. Elektrischer Schneebesen kann jeder - was zählt ist echte Handarbeit. Dachte ich. Nachdem ich es zehn Minuten manuell versucht hatte, griff ich zum Elektro-Schneebesen und änderte meine Meinung. Nie wieder ohne dieses Gerät der Götter. Ich goss alles in die Kuchenform, schob es in den Ofen und begann zu warten. Eieruhr? Kann auch jeder, dachte ich. Klar, wurde ich genau jetzt von meiner kleinen Tochter Taliah abgelenkt - und vergaß den Kuchen im Ofen völlig.

20 Minuten zu spät erinnerte mich ein verbrannter Geruch an mein Vorhaben. Mein armer Vanillekuchen sah oben ungewöhnlich braun aus - und war in der Mitte eingesunken wie ein Luftballon mit Leck. Nach dem Abkühlen war mein Werk außen hart und oben sehr knusprig. Ich hatte meinen Kuchen zu lange gebacken. Außerdem war mein Zuckerguss mit Butterbrocken übersäht und alles in allem ebenfalls trockener als gewünscht. Nicht leicht und locker wie die Fertig-Kuchen, die ich bisher immer ohne großen Aufwand gekauft habe.

Trotzdem: Ich war stolz auf meinen ersten Kuchen. Weil er immerhin etwas Ähnlichkeit mit einem Kuchen hatte. Es fühlte sich befriedigend an, Mehl, Zucker und Eier in etwas Süßes verwandelt zu haben. Mein Kuchen war nicht als Geburtstagsgeschenk geeignet, ich musste eine Torte kaufen. Aber: Seither bin ich angefixt. Ich finde es überraschend entspannend, mit Zeit und Muße stundenlang in der Küche zu stehen und zu backen. Taliah liebt es, zu helfen, um alles durcheinander zu bringen. Backen ist besonders, weil es sich anfühlt, als würde man aus nichts etwas machen. Man fühlt sich wie ein Genie.

© SZ vom 12.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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