Mehr noch als sonst soll Tollwood in diesem Winter ein "Gesamtkunstwerk" werden; zumal statt eines griffigen Slogans diesmal der Geist und ein Bonmot des Kreativgenies Pablo Picasso durch das ganze Bio-Festival spuken: "Kunst wäscht den Staub des Alltags aus der Seele."
Fantasie kann tatsächlich nicht schaden, zum Beispiel wenn man sich im Pfützen-Slalom umzingelt von Gabelstaplern auf der Tollwood-Baustelle diese als kommendes "begehbares Gesamtkunstwerk" vorstellen mag. Immerhin, am Zaun um das Gelände auf der Münchner Theresienwiese sind schon ein paar rote Farbflächen zu sehen, die auf das Thema "Feuer und Eis" hindeuten, welches viel von der Kunst am Platz prägen soll. Zum Beispiel werden zwei Künstler Eisskulpturen wie baumhohe Fliegenpilze live auf dem Mercato-Platz schnitzen, während daneben ein Songwriter Lieder spielt. Auf das beheizte Mercato-Zelt mit Essens- und Handwerksständen wird wieder verzichtet (es gibt aber das Hexenkessel-, Foodplaza- und das zwölfmastige Basar-Zelt), aus Energiespar- und Kostengründen, und weil es 2021 draußen eh sehr fröstelig-stimmungsvoll zuging.
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Behaglich dagegen ist es jetzt schon im nagelneuen Spiegelzelt "Magic Mirrors", in dem Tollwood gerade der Presse seine Pläne für diesen Advent vorgestellt hat. Hier soll durchgehend von Donnerstag, 23. November, bis Silvester (mit Ausnahme der Montage und des Totensonntags, an dem das ganze Festival pausiert) das Varieté "Limbo unhingned" steigen. Ein paar Videoausschnitte geben schon einmal einen Eindruck, wie zauberhaft verstörend das aussehen wird: Artisten auf Wackelstangen pendeln inmitten des Publikums hin und her, eine Feuerschluckerin balanciert sich selbst auf einem beachtlich proportionierten Untermann, dazu schmissige Musik, die wie die ganze Zirkus-Burlesque eigens für die Publikumsnähe eines Spiegelzeltes kreiert wurde. Die aus Artisten vieler Länder zusammengewürfelte Kompanie war bereits 2014 hier. Deswegen muss sich Regisseur Scott Maidment auch nicht groß ausmalen, ob es mit den Münchnern klappen wird - er weiß es: Tollwood ist "eines der besten Festivals der Welt", sagt er.
Zwei Weltrekord-Inhaber sind da, der LED-Keulen-Jongleur Jan Daumin und der Slackline-Tänzer Friedi Kühne. Sie werden wie zahlreiche andere Künstler, Magier, Straßentheater-Performer, Walkacts und Musiker etwa 680000 Besucher in 662 Veranstaltungen in eine andere Welt zaubern - 90 Prozent davon bei freiem Eintritt (Ausnahmen sind etwa die Silvesterparty mit Jamaram oder das Benefizkonzert von Oberbürgermeister Dieter Reiter mit seiner Band The Monks, 13.12.).
Auch die Gäste sollen als Akteure Teil der Kunst werden. Ob sie sich nun mit dem "sprechende Weihnachtsbaum" am Eingang unterhalten. Oder im neuen "Kunstraum". Hier können sie Scherenschnittprofile von sich gestalten, die am Ende ein Gesamtprofil des Tollwood-Publikums ergeben sollen. Dabei werden sie ermutig, nicht nur ihr glänzendes Social-Media-Gesicht zu zeigen, sondern auch eine zweite Seite mit Ängsten, Zweifeln und Schatten. Mehr Kunst eben statt Künstlichkeit.
Das Tollwood-Festival findet vom 23. November bis 31. Dezember auf der Theresienwiese statt. Am Totensonntag, den 26. November, ist das Festival geschlossen. Mehr als 600 Veranstaltungen werden in den fünf Festival-Wochen geboten, rund 90 Prozent davon mit freiem Eintritt. Auf dem Markt der Ideen können Besucher mehr als 50 Gastro- und rund 180 Marktstände entdecken. Weitere Informationen finden Sie hier .