Maxvorstadt:Studierende protestieren für bezahlbares Wohnen

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Auch Vorträge, Podiumsdiskussionen und Workshops werden beim Protestcamp angeboten. (Foto: Stephan Rumpf)

Für drei Tage errichten sie ein Protestcamp vor der Pinakothek der Moderne. Vor der Landtagswahl wollen sie so ihren Forderungen Nachdruck verleihen.

Von Ellen Draxel

Ein kleines blaues Zelt, beklebt mit Flyern mit der Aufschrift "Wissen braucht Wohnen", steht schon am Freitag um die Mittagszeit auf der Wiese vor der Pinakothek der Moderne. Dahinter Liegestühle, Pavillons und weitere Zelte. Auf Bannern ist zu lesen: "Münchner Mieten möglich machen" oder "Wohnräume statt Spekulantenträume".

Campen als Protest. Weil es in München viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum für sie gibt, schlagen Studentinnen und Studenten Alarm - und bauen demonstrativ drei Tage lang ihre Zelte mitten im Uni-Viertel auf. "Wir haben bald Landtagswahl", erklärt Initiator David Vadasz. "Mit unserem Protestcamp an der Pinakothek der Moderne, das bis Sonntag dauert, wollen wir das studentische Wohnen pushen."

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Vadasz studiert Politikwissenschaft an der Technischen Universität (TU). Ende April hat er mit einigen Mitstreitern den Arbeitskreis Wohnen gegründet, der sich hochschulübergreifend für mehr Wohnraum für Studierende einsetzt. "Unser Modell war der Arbeitskreis Mobilität, dem wir heute das Semesterticket zu verdanken haben. Wenn man sich zusammentut, kann man etwas erreichen."

Dass sich etwas ändern muss, belegen Zahlen. Etwa 110 000 junge Menschen studieren in München und im näheren Umkreis wie der Gemeinde Garching. Plätze in Wohnheimen, die für durchschnittlich knapp 350 Euro zu haben wären, gibt es aber viel zu wenige: Laut Studierendenwerk sind es lediglich rund 7800. Und 1450 davon stehen leer. Das prominenteste Beispiel ist die Studentenstadt Freimann, wo mehr als 1300 Wohneinheiten sanierungsbedürftig sind. "Die Renovierung dieser seit zwei Jahren leerstehenden Wohnungen ist teils noch nicht einmal klar finanziert", kritisiert Vadasz. Weshalb offen sei, wann die bereits verfallenden Häuser wieder bewohnbar sein könnten. Drei bis sechs Semester warten 11 497 Münchner Studierende derzeit auf einen Wohnheimplatz. "Bis man da einziehen dürfte, ist das Studium vielleicht längst vorbei."

Bleibt vielen momentan also nur die Suche nach einer Unterkunft auf dem freien Markt. Doch auch dabei müssen sie Glück haben, um überhaupt etwas zu bekommen. Denn auf dem aufgeheizten Wohnungsmarkt konkurrieren Studenten und Studentinnen mit Geringverdienern, Senioren mit kleiner Rente, Geflüchteten und Pendlern um teure Micro-Apartments. "Ein kurzer Blick auf einschlägige Portale verrät, dass Mietpreise von 800 Euro aufwärts die Regel geworden sind - ein absolut unhaltbarer Zustand in Anbetracht des BAföG-Höchstsatzes von 934 Euro", findet Vadasz.

"Beim Thema Wohnen bleibt diese Exzellenz Makulatur"

Ihre Forderungen sind deshalb klar: Wohnen muss erschwinglich bleiben. Und das nicht nur kurzfristig durch zügige Sanierungen, sondern auch mittel- und langfristig. Indem bestehende Wohnanlagen wie etwa in der Studentenstadt nachverdichtet werden. Aber auch, indem neue Wohnheimsiedlungen gebaut werden. "Am Campus Garching oder in Großhadern beispielsweise bestünde Potential, neue Studentenstädte zu errichten", sagt Vadasz. "Allein nach Garching pendeln täglich bis zu 25 000 Studierende." Wären sie vor Ort, wäre zugleich der öffentliche Nahverkehr entlastet. Die Ludwig-Maximilians-Universität und die TU rühmten sich ihrer Exzellenz, "aber beim Thema Wohnen bleibt diese Exzellenz Makulatur".

Der Sprecher des Arbeitskreises Wohnen moniert zudem, dass die verantwortlichen Akteure ihre Zuständigkeit ständig hin- und herschöben. Das Studierendenwerk beklagt, der Freistaat gebe zu wenig Geld. Im Wissenschaftsministerium betonen sie, das Studierendenwerk als "Anstalt des öffentlichen Rechts" agiere selbständig. Und im Bauministerium wird erklärt, man fördere doch jeden neuen und sanierten Wohnheimplatz mit 40 000 Euro. "Deshalb wollen und müssen wir den öffentlichen Druck aufrechterhalten", sagt Vadasz.

Mit Protest, aber auch mit konstruktiven Angeboten. Den Studentinnen und Studenten geht es um transparente und lösungsorientierte Kommunikation mit allen Akteuren. Deshalb gibt es neben dem "Protestschlafen" und einer Demo durch die Stadt am Samstag um 14 Uhr auch Vorträge und Podiumsdiskussionen, Workshops zum Thema "Wohnungsnot für junge Leute in München" und eine Wohnberatung.

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