Irischer Nationalfeiertag:"Wir Bayern haben viel gemeinsam mit Iren, wir feiern gern, wir trinken gern"

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Von der Münchner Freiheit zog die Parade zum St. Patrick's Day am Siegestor vorbei zum Odeonsplatz. (Foto: Robert Haas)

50 000 Menschen zelebrieren in München friedlich und teils feuchtfröhlich den St. Patrick's Day. Bei der Parade von der Münchner Freiheit zum Odeonsplatz laufen Dudelsackspieler mit, tanzende Kobolde - und Männer mit Schwertern.

Von Stefanie Witterauf

Schon in der U-Bahn dominiert am Sonntagvormittag eine Farbe: Grün. Gebrochen wird das Farbschema auf der Rolltreppe an der Münchner Freiheit nur von einer Mittelaltergruppe. "Ist das ein echtes Schwert?", fragt ein etwa zehnjähriger Junge und schaut mit großen Augen einen bärtigen Mann an, der ein echtes Fuchsfell über den Schultern ausgebreitet hat. "Klar", sagt Bulway, so nennt sich der Mann, wenn er Fell und Schwert trägt. "Für uns geht das Jahr erst mit dem St. Patrick's Day in München los", sagt er. Zusammen mit etwa zwanzig anderen Menschen in Outfits aus einem weit zurückliegenden Jahrhundert erreicht er die Oberfläche. Sie brüllen, eine bläst in ein Horn, dann reihen sie sich gemütlich zwischen den anderen Vereinen ein.

Grün war an diesem Sonntag in München die beherrschende Farbe. (Foto: Robert Haas)
Auch Männer mit Fellen und Schwertern marschierten bei der Parade mit. (Foto: Robert Haas)

Angemeldet haben sich zur 26. St. Patrick's Day Parade in München 65 Gruppen mit insgesamt 1400 Personen. Unter ihnen sind Dudelsackspieler im Schottenrock, der qualmende Pfeifenverband aus Salzburg und eine Musiktruppe aus dem Allgäu, deren Mitglieder große grüne Hüte auf orange-gelockten Perücken tragen und Blumenketten in den irischen Nationalfarben grün, weiß, orange. Sie haben sich Kleeblätter auf die Wangen gemalt. Ein Mann, verkleidet als grüner Kobold, hüpft auf der Stelle, er hält sich mit ein paar irischen Stepptanz-Schritten warm. Kurz bevor sich der Zug um zwölf Uhr in Bewegung setzt, werden sechs irische Wolfshunde, einer knapp einen Meter groß, von zwei Dackeln angekläfft. Und auch diese kleinen Hunde tragen grüne Jäckchen.

Siobhán Freidank führte als Grand Marshal an, Hobbyschauspieler Wolfgang Schramm übernahm die Rolle des irischen Heiligen. (Foto: Robert Haas)

Angeführt wird der Festzug dieses Jahr von Siobhán Freidank. Sie ist eine der ersten Frauen an der Paraden-Spitze. "Es war wunderschön, weil die Sonne geschienen hat und so viele nette Menschen aus Irland und München gekommen sind", sagt Freidank. Ist es ein wichtiges Zeichen, das eine Frau 2024 die Aufgabe des "Grand Marshal" übernommen hat, gar eine grüne Revolution? "In unserem Verein sind wir alle gleichberechtigt. Dieses Jahr habe ich die Ehre, weil ich seit der allerersten Parade dabei bin. Ich habe noch nie eine verpasst. Normalerweise bin ich im Hintergrund und heute selbst mal VIP", sagt Freidank. "Ich hoffe, dass die anderen Ehrenamtlichen aus dem Team auch gesehen werden."

Zehntausende kamen zur Parade auf die Leopold- und Ludwigstraße. (Foto: Robert Haas)

Zum ersten Mal wurde die St. Patrick's Day Parade in München 1996 abgehalten. Damals war das Event für 200 Leute geplant, gekommen sind 3000. Heuer sind es nach Angaben der Polizei etwa 50 000 Menschen, die friedlich und teils feuchtfröhlich die Parade von der Münchner Freiheit bis zum Odeonsplatz verfolgen. Die Veranstaltenden gehen von 90 000 Besucherinnen und Besuchern aus. "Wir Bayern haben viel gemeinsam mit Iren, wir feiern gern, wir trinken gern", sagt Schirmherr der Veranstaltung, Oberbürgermeister Dieter Reiter. Zur Feier des irischen Nationalfeiertags hat er sich einen grünen Schal umgehängt. Er ist bekennender Irland-Fan. "Endlich ein Land, wo das Wetter schlechter ist als bei uns", sagt er. Doch als Reiter vergangenes Jahr in Irland Urlaub machte, da habe es keinen einzigen Tag geregnet.

Münchens OB Dieter Reiter ist bekennender Irland-Fan. (Foto: Robert Haas)

Neben Reiter steht Irlands ESC-Held Johnny Logan. Der Musiker hat ein grünes T-Shirt unter der schwarzen Jacke an. Viele im Publikum sind wohl seinetwegen gekommen. Nach einem Auftritt von Oberbürgermeister Reiter mit der Paul Daly Band ist das Konzert von Johnny Logan geplant.

Hinter der Bühne sitzt ein wenig müde die Paraden-Prinzessin an einer Bierbank. Die Parade war für die 19-jährige Musikstudentin Orla Geary heute als Prinzessin eine Premiere, aber schon als Kind sei sie mittendrin gewesen. Denn damals war sie bei einem irischen Tanzverein. "Jetzt tun mir die Wangen vom ganzen Lächeln weh", sagt sie und lächelt bei den Worten tapfer weiter.

Von einer Premiere kann man bei Wolfgang Schramm nicht sprechen. Schon seit drei Jahrzehnten hat der Hobbyschauspieler die Rolle des irischen Heiligen in grünem Bischofs-Talar übernommen. Dafür lässt sich der 73-Jährige jedes Jahr seinen Bart wachsen. Im Oktober lasse er ihn sprießen, sagt Schramm: "Und morgen kommt er wieder ab."

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