30 Stühle sind in der Blutenburgstraße um bunt bepflanzte, wie für einen Slalomparcours positionierte Blumentröge drapiert. Die 150 Meter lange Strecke in Neuhausen zwischen der Nymphenburger Straße und der Landshuter Allee ist eine von neun Sommerstraßen in München in diesem Jahr. Hier sollen sich Nachbarn treffen und Kinder auf der Straße spielen, während Autos den Bereich im Schritttempo passieren.
Doch die Stühle sind leer. Niemand würde sich hier hinsetzen, erzählen Anwohner. Man sieht auch keine spielenden Kinder. Stattdessen kurven fast pausenlos Autos um die Blumenkübel herum, darunter Fahrzeuge mit Anhänger und jede Menge Taxen. "Das ist hier immer so", ruft ein Nachbar aus einem Fenster im vierten Stock.
"Das Thema Sommerstraße ist in der Blutenburgstraße verbrannt", sagt Margit Roth, Chefredakteurin der Münchner Straßenzeitung Biss. "Wenn man sich da als Nachbar hinsetzt, wird man beschimpft." In den ersten Sommerstraßen-Tagen Anfang Juli, erzählt Roth, hätten einige Anlieger noch den Versuch gemacht, die Fahrbahn als den Aufenthaltsort zu nutzen, als der er gedacht sei. "Doch die Autofahrer sind einfach weiterhin mit 50 Sachen durchgerauscht." Sehr "unschön" sei das gewesen.
Inzwischen hat das Mobilitätsreferat die Blumenkästen zwar versetzen lassen. An der Durchfahrtsfrequenz aber, sagt Roth, die seit 32 Jahren in der Blutenburgstraße wohnt, habe das wenig geändert.
Die Strecke wird seit Jahren als Schleichweg genutzt
Die Krux dieses Straßenabschnitts ist seine Lage. Denn dieser Teil der Blutenburgstraße, in der Nähe des Rotkreuzplatzes, führt direkt auf den Mittleren Ring. Weshalb er seit Jahren als Schleichweg genutzt wird. Die Anlieger und die Mehrheit im Bezirksausschuss fordern seit langem, die Straße zur Einbahnstraße zu machen, um diese Passage zu unterbinden - bislang ohne Erfolg.
Dabei, sagt Lokalpolitiker Nikolai Lipkowitsch (Grüne), habe er im vergangenen Jahr bereits handschriftliche Skizzen im Mobilitätsreferat gezeigt bekommen, die den Umbau der Blutenburgstraße darstellten. Mit Baumpflanzungen, Schrägparkplätzen und der Einbahnregelung. Doch bis heute ist nichts entschieden. Aus dem Mobilitätsreferat ist dazu auf Nachfrage zu vernehmen, die Anträge des Stadtteilgremiums befänden sich "derzeit noch in Prüfung".
Im Übrigen wertet die Behörde Sommerstraßen als "Erfolgsmodell". Sie würden als neue Möglichkeiten zur Nutzung und Interaktion im öffentlichen Raum "gut angenommen". In der Evaluierung von 2022 wird jedoch zugleich geraten, "vorzugsweise wenig genutzte Straßenabschnitte, Sackgassen und platzartige Strukturen und eben keine Durchfahrtsstraßen auszuwählen".
Margit Roth findet, der Verkehr hätte zumindest für die Monate Juli und August umgeleitet werden müssen. "Ansonsten ist das Ziel der Sommerstraße verfehlt."