Bezahlbarer Wohnraum:Schonfrist vor der neuen Sobon

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Bei drei geplanten Neubauvierteln mit rund 4000 Wohnungen sollen die verschärften Regeln noch nicht greifen. Die Immobilienbranche fürchtet, dass künftig weniger gebaut wird.

Von Sebastian Krass

München soll drei neue Wohngebiete mit insgesamt etwa 4000 Wohnungen bekommen. Das hat das Planungsreferat am Mittwoch in einer Sitzung der nicht-öffentlich tagenden "Sobon-Kommission" des Stadtrats bekannt gemacht. Das nach den noch vorläufigen Planungen größte Gebiet mit etwa 1700 Wohnungen liegt am Rappenweg in Trudering, direkt an der Stadtgrenze zu Haar. Das zweitgrößte mit etwa 1500 Wohnungen befindet sich etwas weiter stadteinwärts an der Heltauer Straße/Birthälmer Straße, nördlich des S- und U-Bahnhofs Trudering. Das drittgrößte mit etwa 800 Wohnungen ist am Dreilingsweg in Obermenzing geplant.

Die drei Projekte waren Thema in der Sobon-Kommission, weil es für sie eine Ausnahme von den deutlich verschärften Sozialvorgaben für private Wohnbauprojekte geben soll. Sie gelten als "Übergangsfälle", die Investoren, darunter mit der Bayerischen Hausbau und der Büschl-Gruppe zwei der größten Akteure auf dem Münchner Immobilienmarkt, sollen lediglich eine etwas strengere Version der bisher geltenden Sobon-Regeln erfüllen müssen.

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"Politisch hätten wir eigentlich gesagt, wir lassen niemanden durch, der noch keinen Aufstellungsbeschluss für sein Projekt hat", sagt Anna Hanusch, Fraktionschefin von Grünen/Rosa Liste. In diesen drei Fällen seien in Vorgesprächen zwischen Investoren und dem Planungsreferat aber schon so viele "Grundzustimmungen" abgegeben worden, erklärt Christian Müller, Fraktionschef von SPD/Volt, dass man auch aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht die neuen Sobon-Regeln anlegen könne. Den aus der Opposition angedeuteten Verdacht, Grün-Rot habe sich mit den Ausnahmen die Zustimmung von Hausbau und Büschl zur neuen Sobon gesichert, weist die Koalition zurück. "Es gab keinerlei Kuhhandel", sagt Müller. Hanusch betont, es sei bei den Ausnahmefällen allein um den Verfahrensstand gegangen, die Namen der Investoren hätten dabei keine Rolle gespielt.

Mit der Sobon legt die Stadt fest, in welchem Ausmaß Bauherren etwas vom Planungsgewinn abgeben müssen, den sie durch von der Stadt zusätzlich gewährtes Baurecht bekommen. Das läuft etwa über die Verpflichtung, geförderten und preisgedämpften Wohnraum zu schaffen. Bisher waren es 40 Prozent des Gesamtprojekts, bei denen die Mietpreise auf 25 Jahre gebunden waren. Die übrigen 60 Prozent konnte der Investor als Eigentumswohnungen verkaufen. Die neue Sobon ist flexibler, aber in der Summe deutlich strenger gehalten. Im Grundmodell müssen 60 Prozent des Wohnraums preisgebunden sein und zwar über 40 Jahre. Zudem dürfen nur noch 20 Prozent Eigentumswohnungen entstehen, für den Rest gilt ein Aufteilungsverbot.

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Die neue Sobon soll bei allen Projekten gelten, für die der Stadtrat künftig mit einem sogenannten Aufstellungsbeschluss die Planung startet. Die drei "Übergangsfälle", die in der Summe einen wesentlichen Anteil des privaten Wohnungsbaus in diesem Jahrzehnt ausmachen dürften, stehen noch vor diesem Punkt. Für sie gilt, dass 50 Prozent preisregulierte Mietwohnungen entstehen, die 40 Jahre gebunden sind. Grünen-Stadträtin Hanusch versichert, das Planungsreferat habe intensiv geprüft, dass wirklich auch nur diese drei Projekte so weit fortgeschritten seien, andere Investoren könnten aus den Ausnahmen keine Ansprüche ableiten.

Viel ist über die drei Bauprojekte noch nicht bekannt. Die Bayerische Hausbau erklärt, beim größten Projekt am Rappenweg gehöre ihr etwa ein Drittel der Flächen, ein Teil gehört der Büschl-Gruppe, auch die Stadt hat Anteile. Am Dreilingsweg gehört die Hälfte der Hausbau, die andere Hälfte der Stadt. Angaben zu den Wohnungszahlen macht die Hausbau nicht, man wolle keine "Wasserstandsmeldungen nach außen geben", bevor man die Öffentlichkeit informiert habe. An der Heltauer Straße hält ebenfalls die Stadt einen Teil der Flächen, der Rest gehört verschiedenen Privaten. Auch das Planungsreferat macht keine Angaben zu den Wohnungszahlen, man habe lediglich "Schätzungen" für interne Zwecke. Die Zahl der Wohnungen kann sich bei allen Projekten im Genehmigungsprozess noch ändern.

Am Donnerstag kamen Reaktionen aus der Immobilienwirtschaft auf die neue Sobon, die Ende Juli in Kraft treten soll. Fünf Münchner Wohnungsbauer - Bayerische Hausbau, Büschl-Gruppe, Baywobau, Isaria und Opes Immobilien - verschickten ein Statement. Darin bezeichnen sie das der neuen Sobon zugrundeliegende "Baukasten-Modell", das verschiedene Wege ermöglicht, die Vorgaben der Stadt zu erfüllen, als "prinzipiell einen guten und geeigneten Ansatz, mehr Flexibilität für Bauträger und Bestandshalter zu ermöglichen". Die Ausgestaltung werde aber "nicht zu mehr (bezahlbarem) Wohnraum führen". Sie argumentieren, "der wirtschaftliche Anreiz für uns Unternehmer, sich auf das mehrjährige Wagnis Projektentwicklung einzulassen", sei "deutlich reduziert" worden. Sprich: Weil die Margen sinken, werde weniger gebaut. Zudem würden die "erheblichen Mehrkosten der neuen Sobon" die Preise frei finanzierte Wohnungen noch mehr in die Höhe treiben.

Patrick Slapal, Geschäftsführer des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) in Bayern, erklärte: "Wir müssen prüfen, ob unseren Unternehmen nicht die Geschäftsgrundlage entzogen wird." Das könne dazu führen, dass Investoren sich zurückziehen oder dass sie gegen die neue Sobon klagen, "beides ist möglich".

© SZ vom 09.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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