Anne Hübner muss jetzt kurz tapfer sein. Die Vorsitzende der SPD-Fraktion im Münchner Rathaus mag kein Silvesterfeuerwerk. "Sieht zwar toll aus, ist aber ziemlicher Mist für Umwelt, Haustiere, Zootiere und das Konto" hat sie alle, die das vielleicht vergessen hatten, dieser Tage per Twitter noch einmal wissen lassen. Hier soll es jetzt trotzdem um Böller und Raketen gehen, also um Feuerwerkskörper der Kategorie F2, wie sie korrekt heißen.
Deren Beschaffenheit ist gesetzlich geregelt: Ein Böller darf nicht mehr als sechs Gramm Schwarzpulver enthalten, eine Feuerwerksbatterie nicht mehr als 500 Gramm "Nettoexplosionsmasse", so der Fachterminus. Mit derlei nüchternen Worten lassen sich Kanonenschläge aber nur schlecht anpreisen. Werbung ist ja immer ein Versprechen, und der Trend zum dick Auftragen ist in dem Sektor nicht ganz neu. In dieser Zeitung gab es einst ein Jugendmagazin, das auf die Idee kam, 21 Begriffe zu präsentieren und die Leser raten zu lassen, welcher für eine Heavy-Metal-Band stand und welcher für ein Skimodell: Black Magic. Accelerator. Reactor. Killer-Bee. Heli Stinx. Alle Antworten hatten nur Freaks richtig - für laute Töne und für Tiefschnee.
Feuerwerk an Silvester:Wo in München gezündelt werden darf
Zum Jahreswechsel können wieder Raketen abgeschossen werden. Die Verbote der vergangenen zwei Jahre sind teilweise aufgehoben. Einige Einschränkungen gibt es aber noch immer.
Feuerwerk-Freaks gibt es auch, und diesen dürften schon jetzt, in den Tagen vor dem großen Knall, die Ohren klingeln. "Rocket Rallye", "Jewels of Fire", "Mystical Night", "Fire Fantasy": Kein Zweifel - nur die fantasiebegabtesten Werbetexter schaffen es hierzulande in das Produktsegment, das ausschließlich vom 29. bis zum 31. Dezember offeriert werden darf. Mancher Kreativ-Dialog lässt sich ahnen beim Blick auf die Anzeigen. "Du, wie wollen wir den Fünfer-Batterie-Verbund ,Peacemaker' denn bewerben?" - "Na, einfach: 158 Schuss, Kaliber 20 Millimeter, Effektdauer zirka 150 Sekunden." - "Ist das nicht ein bisschen martialisch?" - "Dann mach' noch zwei Bilder dazu, von den goldenen Glitzerwänden und dem zweistufigen Sternen-Bouquet!"
Es ist eine besondere Lyrikform, mit der das Jahr zu Ende geht. Wie vieles hat sie, corona-bedingt, zuletzt ein wenig gelitten. Vielleicht schießt auch deshalb die eine oder andere Feuerwerkstaufe etwas übers Ziel hinaus. Einem Böller den Namen "Van Gogh" zu geben, war wohl keine so gute Idee; immerhin schnitt der niederländische Maler sich, warum auch immer, einst selbst ein Ohr ab. Und was sich wohl hinter dem Angebot "Einhorn-Pups" verbirgt? Versprochen wird immerhin eine Effekthöhe von sechs Metern.