Denkmal:Kann man eine Statue sexuell belästigen?

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Unsittliche Berührung oder harmloser Aberglaube? Eine Frau greift dem Bronzedenkmal Julia am Alten Rathaus an die Brust - angeblich bringt das Glück. (Foto: dpa)

Angeblich bringt es Glück in der Liebe: Passanten berühren regelmäßig die entblößte Brust einer weiblichen Skulptur am Marienplatz. Der Kulturreferent hält die Praxis für "diskussionswürdig". Die CSU findet das wiederum "vollkommen gaga".

Eine Statue von Shakespeares Tragödien-Heldin Julia Capulet am Münchner Marienplatz sorgt für Aufsehen - vielmehr ihr Busen. Seit vielen Jahren fassen Passanten der Bronzestatue an die rechte Brust, weil sie sich davon Glück in der Liebe versprechen. Harmloser Aberglaube oder Sexismus? Eine Frage, mit der sich die Stadt näher befassen will, wie die Bild-Zeitung am Dienstag berichtete.

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Der Münchner Kulturreferent Anton Biebl hält die Praxis für "diskussionswürdig" und kündigt eine Untersuchung an. 2022 plant das Kulturreferat ein internationales Symposium und drei Kunstprojekte - allerdings nicht nur zur Statue der Julia, sondern zu belasteten Denkmälern allgemein. Es gehe auch um Themen wie Nationalismus, Demokratiefeindlichkeit, Militarismus, Kolonialismus, hegemoniale Männlichkeitsbilder oder Unterrepräsentation von Frauen und Diversität, heißt es in der Ausschreibung für den Kunstwettbewerb. Als Ort wird darin auch die Julia-Statue vorgeschlagen, ein Geschenk der italienischen Stadt Verona. Sie erinnert an die Liebe zwischen Romeo und Julia, die in William Shakespeares Tragödie so tragisch endet.

CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl hält die Diskussion für "gaga"

Seitdem wurde Julias Brust schon so oft betatscht, dass sie golden glänzt. Die Stadträtin Marie Burneleit (Die Partei) hätte gerne ausgleichende Gerechtigkeit. Sie findet: Direkt daneben fehle eine Statue mit dem männlichen Geschlecht zugeschriebenen Körperteilen. "Rub me too" nennt Burneleit ihre Idee, "mit bronzenem Penis oder Lendenschurz vielleicht, an dem sich Frauen zum Glück (in der Liebe) reiben können". Schon 2018 prangte hinter der Figur ein Plakat mit dem Schriftzug "#MeToo". "Auch das Anfassen an unpassenden Körperstellen kann für Menschen eine Form sexueller Belästigung sein", hatte damals die Urheberin Lea Thurner der Süddeutschen Zeitung die Aktion erklärt.

Doch nicht jeder hält die Praxis für problematisch. SPD-Bundestagsabgeordneter Florian Post sagte der Bild-Zeitung: "Da geht's manchen noch zu gut. Das sind nicht die Sorgen und Nöte der Menschen." Und auch CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl hält die Diskussion um den Busen der Münchner Statue für überflüssig: "Das ist vollkommen absurd, vollkommen überflüssig und vollkommen gaga", sagte er der Bild-Zeitung.

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Von Sofie Czilwik

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