Sendling:Der Schul-Koloss stört die Anwohner

Lesezeit: 3 min

Noch eine Brache: 2026 soll hier ein Schul-Komplex stehen. (Foto: Robert Haas)

Überdimensioniert sei der geplante Komplex an der Reutberger Straße, selbst ein Landtagsausschuss äußert harsche Kritik. Trotzdem will die Stadt das Projekt realisieren.

Von Birgit Lotze, Sendling

Da hat man eine Petition erfolgreich durchs Landesparlament gebracht, und dann ändert sich am Sachverhalt - fast - nichts? Die Anwohner des an der Reutberger Straße geplanten Erweiterungsbaus der Maria-Probst-Realschule auf der Brache des Pressezentrums der Olympischen Spiele und der Montessorischule sind sichtlich enttäuscht. "Das ist nicht nachvollziehbar", sagt Harald Eggl, einer von 17 Wohnungseigentümern, die hinter der Petition stehen. Die Vorgabe des Landtags an die Stadt München sei doch recht eindeutig gewesen - und jetzt werde sie einfach übergangen? Man könne doch nicht so einen riesigen Klotz mitten in diese Umgebung mit all ihren denkmalgeschützten Gebäuden stellen.

Diese Ansicht hatte im vergangenen Mai auch der Landtagsausschuss für Wissenschaft und Kunst geteilt, der die Petition der Anwohner unterstützte. Der Ausschuss hatte sogar harsche Kritik am geplanten Realschul-Bau geäußert, ihm fehlte vor allem die Rücksicht auf die Denkmäler der Umgebung. Sabine Weigand, denkmalpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, bezeichnete den Bau als "Störenfried" und forderte die Münchner auf, die Planung "mit gutem Willen und mit Hirnschmalz" anzugehen. Die an das Baugrundstück angrenzenden Nachbarhäuser sind Teil des Ensembles um den Gotzinger Platz, laut Denkmalliste ein malerischer Platz des späten Historismus.

Bauprojekt
:"Bürgergutachten" soll Hochhaus-Streit entschärfen

Wie geht es an der Paketposthalle weiter? Nach Experten und Politikern kommen nun 100 Münchnerinnen und Münchner zu Wort.

Von Sebastian Krass

Der Vorgang erregte Aufsehen, schaltete sich der Freistaat doch damit in ein städtisches Bauprojekt ein - noch dazu mit einem Berücksichtigungsbeschluss, der stärksten Form der Stattgabe. Üblich ist, dass die Landeshauptstadt sich selbst eine Baugenehmigung erteilt. Jetzt allerdings gibt der Landtag klein bei, wie es aussieht: Sie hätte sich sehr ein besseres Ergebnis gewünscht, teilte die denkmalpolitische Sprecherin den Petenten mit. Doch sie glaube nicht mehr an eine Möglichkeit auf Erfolg.

Es gibt mehrere Gründe dafür. Zum einen hat die Stadt München nach der Aufforderung des Wissenschaftsausschusses inzwischen die Pläne angepasst. Die Fassade des Hauses für Kinder erhalte ein "reduziertes Erscheinungsbild", heißt es aus dem Bildungsreferat, mit gleichmäßigen Abständen zwischen einheitlichen Fensterformaten, angelehnt an die benachbarte denkmalgeschützte Fassade.

Der Haken daran, zumindest für die Petenten, die einen Baukoloss vor ihrer Haustür fürchten: Das Bauvolumen sowie der Umfang des Raumprogrammes blieben davon unberührt, teilt das Bildungsreferat mit. Das Planungskonzept werde beibehalten. "Das ist doch eine Farce, wenn jetzt nur die Fassade umgeplant wird", sagt eine Anwohnerin. Das Grundstück sei schlichtweg zu klein, der Multifunktionsbau sprenge jede Dimension und nehme den Anwohnern Licht und Luft.

Der zweite Grund für den Rückzug des Wissenschaftsausschusses: Das Landesamt für Denkmalpflege sieht keinen Handlungsbedarf. "Da der Neubau der Schule sich lediglich in der Nähe von Denkmälern und dem Ensemble Gotzinger Platz befindet, hat und hatte das Landesamt für Denkmalpflege keine Einwände gegen das Bauprojekt", teilt die Behörde mit. Dieses Urteil nimmt Sabine Weigand die Argumentationsbasis: "Das schwächt die Position der Petenten ungemein und raubt uns Denkmalschützern quasi den Rückhalt." Was noch dazukommt: Die Regierung von Oberbayern sieht das Bauvorhaben ebenfalls als zulässig an. Auch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat sich in seiner Bewertung dem bereits angeschlossen.

Ein weiterer Grund: Die Stadt München ist fest entschlossen, die Planung so zu verwirklichen. Beatrix Zurek, noch bis vor kurzem Stadtschulrätin, wies bei jeder Gelegenheit auf dringend nötigen Schulraum aufgrund steigender Schülerzahlen hin. Die Varianten, die die denkmalpolitische Sprecherin der Grünen bei einem Ortstermin an der Reutberger Straße und im Wissenschaftsausschuss ins Spiel gebracht hatte, hat die inzwischen zur Gesundheitsreferentin gewählte Zurek, wie es aussieht, in ihrem früheren Amt erfolgreich widerlegt - in einem Schreiben an Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Staatsminister - laut Weigand "mit starken Argumenten, die man kaum entkräften kann".

Tatsächlich könnte das Gebäude durchaus massiv werden. Neue Pläne liegen der Öffentlichkeit zwar noch nicht vor, fest steht aber: Wo vorher - nach dem Pressezentrum der Olympischen Spiele - ein Flachbau für die Montessori-Schule mit kaum 300 Schülern stand und ein kleiner Sportplatz war, sollen bald eine Schule mit Mensa für Kinder verschiedenster Bildungszweige, Turnhalle und mehrere Kindereinrichtungen Platz finden - mangels Platz mit einem Pausenhof auf dem Dach.

In Sendling wird der Schulbau seit Jahren dringend erwartet. Dort hält man sich - ungeachtet des Anwohner-Vorstoßes - mit Kritik zurück. Doch dass auch der Bezirksausschuss eine starke Verdichtung befürchtet, unterstreichen Bemühungen der Lokalpolitiker in der Planungsphase, mit der neu geplanten Turnhalle oder der Mensa auszuweichen. Im Blick war eine bestehende Sporthalle an der Reutberger Straße, die man neu und größer bauen wollte. Die Stadt hat diesen Vorschlag abgelehnt. Auch der Wissenschaftsausschuss hatte eine Reduzierung angemahnt. Der Bau sprenge den Maßstab, sagte dessen Vorsitzender, Robert Brannekämper (CSU), im Mai. Das Haus für Kinder, geplant für Vorschüler, solle nicht auch noch dort realisiert werden. Jetzt wird wohl doch so groß gebaut, mangels Platz in der Innenstadt.

© SZ vom 18.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Hirmer-Parkhaus
:Streit um Millionenprojekt in Münchener Innenstadt

Der Herrenausstatter Hirmer will einen Neubau am Georg-Kronawitter-Platz errichten. Doch Stadt und Unternehmen sind sich offenbar uneins über den Grundstückspreis. Steht das Projekt nun auf der Kippe?

Von Sebastian Krass

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: