Letzter Tag in Riem:Rolling Loud Festival: 50 Strafanzeigen, Sanitäter mussten Hunderte Personen behandeln

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Das Rolling Loud wurde erstmals in München gefeiert. (Foto: Jana Jöbstl)

Ein verspäteter Hauptact am Sonntag, Steinwürfe und überforderte Securitys: Was beim Hip-Hop-Festival am Wochenende geschah - und wie sich der Veranstalter zur Zukunft äußert.

Von Anna Weiß

Rund 60 000 Fans haben an drei Tagen die Premiere des Rolling Loud Germany Festivals gefeiert - mit zahlreichen Hip-Hop-Künstlern wie Travis Scott, Kendrick Lamar und Wizkid auf dem Freigelände der Messe München. Während die Stimmung bei den Auftritten meist ausgelassen war, wurde die Veranstaltung durch einige aggressive Besucher gestört. Am Freitagabend wurden Ordner zum Teil mit Steinen beworfen, dadurch musste das Programm auf der zweiten Bühne am Freitagabend vorzeitig beendet werden.

Bei der dreitägigen Veranstaltung waren nach Polizeiangaben aus dem Publikum Flaschen und Steine geworfen worden, neun Ordner und einzelne Gäste wurden verletzt. Die Polizei berichtet von einer aggressiven Stimmung im Publikum. Nach eigenen Angaben hat sie mehr als 50 Strafanzeigen aufgenommen. Die Beamten hätten demnach am Wochenende vorwiegend Drogendelikte, Körperverletzungen und Hausfriedensbrüche registriert, teilte das Münchner Präsidium am Montag mit. Am Samstagabend sei ein 19 Jahre alter Besucher von einem Unbekannten mit Reizgas besprüht und bestohlen worden. Zehn weitere Menschen hätten durch den Angriff über Beschwerden geklagt. Gegen einen Ordner sei Strafanzeige wegen einer Körperverletzung gestellt worden.

Am Sonntag, dem letzten Tag des Festivals, wurden den ganzen Tag über Durchsagen auf der Bühne gemacht, meist von einem Moderator oder von Co-Gründer Tariq Cherif. Die Besucher sollten aufeinander aufpassen, die Securitys respektieren und deren Anweisungen Folge leisten. Der erste und der zweite Wellenbrecher waren gesperrt, trotzdem standen noch viele Besucher an den entsprechenden, verschlossenen Einlasspunkten. Von der Bühne schallte die Bitte, diese zu räumen: "Ihr kommt da nicht mehr rein!" Dies stieß zunächst lange auf taube Ohren.

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Am von der Bühne aus gesehen linken Einlasspunkt (auch am Samstag waren auf dieser Seite Absperrungen überwunden worden) drückte die Masse nach vorn, zwischenzeitig wurde ein Absperrband weggedrückt, die Sicherheitskräfte pressten die Leute zurück, mit einem Megafon wurden die Aufforderungen weitergegeben.

An einer Stelle wurde die Einlasskontrolle überwunden, Menschen drückten sich an den Sicherheitskräften vorbei und rannten in Richtung des ersten Wellenbrechers, doch die Situation wurde schnell geklärt, von der Bühne gab jemand Anweisung, wo es noch offene Lücken gibt. Darauf folgte eine lange Unterbrechung, viele Security-Mitarbeiter und Polizeibeamtinnen und -beamten liefen umher, beugten sich über Unterlagen. Der Moderator hatte die undankbare Aufgabe, das Publikum gleichzeitig zur Räson zu rufen und bei Laune zu halten, zudem warf er Wasserflaschen in die Menge. Manche schmissen die leeren Flaschen zurück. Es wurde gedroht, dass Travis Scott nicht auftrete, sollte sich das Publikum nicht strikt an die Aufforderungen halten und kooperieren.

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Als es nach langem Warten hieß, dass Travis Scott auftreten wird, war die Freude riesig. Die wurde jedoch sofort getrübt, als statt dem Künstler Tariq Cherif und André Lieberberg die Bühne betraten. Travis Scott sei noch im Flugzeug. Bei seinem Umstieg in London sei der US-amerikanische Präsident Joe Biden gelandet und alle anderen Flugzeuge hätten am Boden bleiben müssen: "Der Präsident der Vereinigten Staaten ist mit seiner verkackten Air Force One nach Heathrow geflogen, es wurde Travis Scott' Jet gehalten", sagte André Lieberberg. Etwa eine Stunde und zwanzig Minuten später spielte Travis Scott ein umjubeltes Konzert - jedoch statt der 75 Minuten nur etwa 30 bis 35. Davor und danach wurden die Besucher um gesittetes Verhalten gebeten.

Bis Sonntagnachmittag registrierten die für den Sanitätsdienst zuständigen Johanniter rund 800 Einsätze, darunter 27 Transporte.

Am Samstag mussten die Sanitäter 467 Personen behandeln, davon kamen 17 ins Krankenhaus; am Sonntag 250, davon kamen 19 ins Krankenhaus. Bei den meisten Einsätzen handelte es sich um kleine Verletzungen, wie zum Beispiel Schnitt- und Schürfwunden. Die Einsatzleitung der Johanniter bezeichnete die Anzahl der Einsätze als durchaus "vergleichbar mit ähnlichen Großveranstaltungen". Die Polizei war zum Festival-Ende hin sehr präsent.

Veranstalter Lieberberg zeigte sich trotz der Vorkommnisse zufrieden mit dem Verlauf des Festivals. Man habe so unmittelbar und professionell wie möglich auf die Probleme reagiert und dabei im permanenten Austausch mit den Behörden gestanden. Für Lieberberg gibt es deshalb keinen Grund, warum das Rolling Loud nicht noch einmal nach München zurückkehren sollte. "Wir freuen uns, im kommenden Jahr zurückzukommen", teilte er in einem Statement mit.

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