Kastanienhof in Aying:Für Herz und Bauch

Lesezeit: 3 min

Zum gepflegten Ayinger Bier gibt es im Kastanienhof eine erkleckliche Auswahl an großen Salaten. Aber natürlich stehen auch Wiener Schnitzel und Schweinsbraten auf der Karte. (Foto: Claus Schunk)

Im Kastanienhof in Aying wird der Gast geradezu rührend umsorgt. Die Küche ist bodenständig, aber nicht einfallslos - und köstlich noch dazu.

Von Carolus Hecht

Es prasselt. Die riesigen Kastanien brausen im Sturm und triefen im Wolkenbruch. Der Chef des Kastanienhofs in Aying (nicht zu verwechseln mit der Brauereigaststätte) hat gerade rechtzeitig jeden Service in seinem idyllischen Garten einstellen und die Gäste ins Innere umquartieren lassen, so werden auch die Freiluftfixierten der Räume dieses außergewöhnlichen Hauses gewahr: sehr, sehr schlicht, in ihrer lichten Einfachheit anheimelnd schön. Wir sind in das offene Salettl ausgewichen, ließen uns den Kaiserschmarrn für 11,90 Euro, der für uns alle vier leicht als Nachspeise auslangte, vom Toben des Unwetters würzen.

Der Hecht hat noch selten erlebt, dass der erfreuliche Rahmen einer Lokalität so sehr mit der Art und Weise harmoniert, mit der man dort bedient wird, so zugewandt, beratend, zuvorkommend. Und was man dabei aufgetischt bekommt? Die Ochsenkraftbrühe mit den luftigen Griesnockerln (4,90 Euro) wurde dem Namen gerecht. Der Brotsalat (12,90), eigentlich als Hauptgericht gedacht, den wir uns aber als Vorspeise geteilt haben, erwies sich als eine schöne Kombination aus grünem Blattwerk, geschmortem Gemüse, aus kräftig geröstetem dunklem Baguette und gebackenem Käse. Am Salat mit Schwammerln und gerösteten Kernen (8,90) war nichts zu beanstanden, wobei anzumerken ist, dass auch jetzt in der Pfifferlingzeit, die im Kastanienhof auf der Karte reichlich vertreten sind, mit "Schwammerln" leider meist nur Champignons gemeint sind.

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Die Küche sieht sich einer bodenständigen, aber dennoch nicht einfallslosen Kochweise verpflichtet. Zunächst fällt die erkleckliche Auswahl an großen Salaten auf, die mal mit Lachs, mal mit Winterstreifen, mal mit Pfifferlingen, mal auf Tomaten-Basis mit der herrlichen mild-roten Tropeazwiebel der leichteren Sommerküche ihren Tribut leisten. All diese Salate werden ihrer ausladenden Dimension wegen vernünftigerweise als Hauptgerichte angeboten, sie als Vorspeisen zu teilen, scheint bei vielen Gästen jedoch eine gut eingespielte Praxis.

Freilich interpretiert man dies und das etwas ungewöhnlich. So etwa die Leber Berlin mit den vorschriftsmäßigen Apfelscheiben (16,90), die aber, zu gut gemeint, auf den Rahm in der Sauce verzichten sollte. Dennoch haben wir sie mit Genuss verspeist. Desgleichen die gebratenen Schweinelendchen mit Eierspätzle und Salat (14,90), zumal man sich hier auf solche Traditionszutaten ganz vorzüglich versteht, bis auf die manchmal lieblosen Bratkartoffeln. Mürbe und wunschgemäß blassrosa das Entrecote (22,90), das mit Abstand Teuerste.

Ausflugslokale sind üblicherweise genötigt, zwei Gerichte anzubieten, die man als die unentbehrlichen Säulen aller Lustbarkeit bei der Landpartie bezeichnen könnte: Wiener Schnitzel und Schweinsbraten. In beiden Fällen waren wir angetan, bei letzterem sogar in einer Weise, wie sie sonst in Oberbayern selten vorkommt. Allzu oft ist das fritteusentraktierte Schnitzel papptrocken und fad. Nicht hier, unerwartet saftig das dünne Kalb, die "Panier", wie die Wiener sagen, nicht ganz so luftig, wie man es an der Donau beherrscht, aber doch für eine bairische Landküche sehr respektabel (18,90).

Und schier perplex verzehrten wir den Schweinsbraten (12,90): von einer ungekannten Saftigkeit, mit herrlich leiser Kümmelwürze und einer knusprigen Kruste, die Gebiss und Gehör nur so entzückte. Man könnte sagen, dass sich dieses Gericht den Adelstitel "Schweinsbraten", also gut bairisch mit dem schnalzenden "s" in der Mitte, redlich verdient hat, während andere traditionsvergessen "Schweinebraten" auf die Karte schreiben, als wären da gleich mehrere Sauen verarbeitet worden. Einen derart delikaten Teller dieser schlichten, oft vernachlässigten Delikatesse hat Carolus Hecht schon lange nicht mehr zu kosten bekommen.

Das Ayinger Bier, wie erwähnt, wohlgepflegt. Eine besondere Überraschung eröffnete uns die Frage nach dem Wein. Die Bedienung, dem angenehmen Sprachklang nach französischer Herkunft, machte sich erbötig, den Offenen probieren zu lassen, so standen alsbald drei Flaschen auf dem Tisch und die dazugehörigen Extragläser. Erstaunlich schlank der Sauvignon blanc aus Südfrankreich (Pays d'Oc 0,2 zu 5,10), redlich der Grüne Veltliner (3,90), durchaus charaktervoll der Weißburgunder aus Rheinhessen, und sogar der sonst so elende Lugana wurde hier in erstaunlich saftiger Frische kredenzt (Tenuta Roveglia 6,90).

Der Rote - Montepulciano d'Abruzzo, ein Cuvée aus dem Carnuntum und eins aus der Pfalz, ein Cabernet Sauvignon aus Südfrankreich (3,90 bis 8,90) - erwies sich ebenso als ausreichend gediegen, dass diese Ausflugsstätte nicht wie sonst meist nur den Biertrinkern frommt. Die Weinpreise machten übrigens die ideelle Ferne zu den unverschämten Gepflogenheiten in der Münchnerstadt nur zu deutlich.

Und am Ende könnte man lange sitzen im Garten hinter dem pittoresken antiken Güldner-Traktor, der mit seinen stolzen 17 PS eine Vorliebe des Hauses für alte Technik offenbart. Im Salettl, in den Wirtsstuben ist es lange gut sein, auch wenn die Küche offiziell um 21 Uhr schließt, was nicht immer so streng genommen wird - zumal man bis zum letzten Augenblick in einer geradezu rührenden Weise umsorgt wird, dass es das Härten gewohnte städtische Herz erwärmt. Und die S-Bahn ist ja so nahe.

Adresse: Bahnhofstraße 34, 85653 Aying, Telefon: 08095/9299, www.kastanienhof-aying.de, Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 11.30 bis 14.30 Uhr und 17 bis 21 Uhr, Sonntag 11 bis 20 Uhr.

© SZ vom 19.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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