Prozess in München:Tödliche Messerstiche im Park

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Nach dem Tischtennisspielen im Park kam es zum tödlichen Streit zwischen den Freunden (Symbolbild). (Foto: Robert Haas)

Die Freunde wollen in einer Grünanlage Tischtennis spielen und "chillen". Nach einer nichtigen Streiterei greift einer von ihnen zur Waffe. Nun muss er für elf Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

Von Susi Wimmer

Es sollte ein "chilliger" Nachmittag werden unter Freunden mit Tischtennisspielen, Ratschen und ein paar Bier. Am Ende lag der leblose Körper von Stjepan J. in einem Park in Neuperlach, tödlich getroffen von acht Messerstichen seines Kumpels Kerim P. Wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilte die 1. Schwurgerichtskammer am Landgericht München I nun den 24-Jährigen zu einer Haftstrafe von elf Jahren und drei Monaten. P. nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an.

Kerim P. hält die Augen fest geschlossen, er reagiert nicht, er wagt es auch nicht, in Richtung der weinenden Angehörigen von Stjepan J. zu blicken. Die Eltern und die Schwester haben dessen Tod bis heute nicht verwunden. Die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl findet in ihrer Urteilsverkündung auch für die Angehörigen empathische Worte: Dass diese mit Abschluss des Verfahrens zur Ruhe kämen, um den schweren Verlust verarbeiten zu können, wünscht sie ihnen.

Die Tat liegt fast eineinhalb Jahre zurück. An jenem 29. Oktober 2022 trafen sich drei Freunde im Park nahe dem Karl-Marx-Ring in Neuperlach. Sie spielten Tischtennis, irgendwann beschlossen sie, an der Tankstelle Bier zu holen. Ein weiterer Freund stieß hinzu, und während man an der Tanke stand und ratschte, ließ Kerim P. absichtlich eine Flasche Bier fallen. Wie das Gericht ausführte, wies Stjepan J. ihn zurecht, dass man hier vom Pächter nur geduldet sei. Kerim P. reagierte unwirsch und machte sich über J. lustig.

Gegen 20 Uhr stießen noch zwei weitere Freunde zur Gruppe hinzu, und man stand auf dem Basketballplatz in der Grünanlage beisammen. In Kerim P. brodelte es offenbar noch immer: Er beleidigte J., ein Wort gab das andere, urplötzlich zog P. ein Messer und stach achtmal "mit absolutem Vernichtungswillen" schnell und wuchtig zu. Stjepan J. kippte auf die Parkbank, wo ein Freund saß. Der hatte das Messer gar nicht gesehen und hob seinen Arm, um Stjepan J. vor Faustschlägen zu schützen, wie er meinte. Da ging auch ein Stich in seine Hand. Aus Angst rannten alle davon.

Stjepan J. stand noch von der Bank auf, ging ein paar Schritte, sackte zusammen und starb. Ein Spaziergänger fand die Leiche gegen Mitternacht. Hätte man sofort einen Notarzt gerufen, so Elisabeth Ehrl, hätte dieser Stjepan J. auch nicht mehr helfen können. Keiner der Beteiligten hatte den Notruf gewählt, zwei der Freunde würden deshalb bis heute unter psychischen Problemen leiden.

Die Richterin lobt die Arbeit der Mordkommission

"Eine Reihe von Zufällen und die gute Ermittlungsarbeit der Mordkommission", so sagte die Richterin, hätten zu einer raschen Festnahme des Tatverdächtigen geführt. Dieser räumte gegenüber der Polizei "einen Stich" ein. Eine Nebenklagevertreterin hatte erklärt, Kerim P. zeige keinerlei Reue. Die Verteidiger Joachim Schwarzenau und Maximilian Donhauser verwiesen darauf, dass P. unter dem Einfluss von Psychopharmaka stehe.

Ein Gutachter attestierte P. eine Persönlichkeitsstörung in Bezug auf seine Impulssteuerung sowie eine paranoide Störung. Trotzdem, so das Gericht, gehe diese Störung nicht so weit, dass die Steuerungsfähigkeit von Kerim P. aufgehoben gewesen wäre.

"Wie sich Ihre Störung entwickelt, weiß man nicht", wandte sich die Richterin an den Angeklagten. Er könne aber versuchen, mit Medikamenten und Therapie diese zu reduzieren, "dass auch Sie das Gefühl haben, Ihr Leben geht weiter". Irgendwann müsse er sich auch mit der Tat auseinandersetzen. P. blickt dabei weiter zu Boden.

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