Prozess in München:Tödlicher Sturz aus dem Auto

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Ein Mann soll seine Frau nach einem Streit geschubst haben - wenig später starb sie. Seine Version der Geschichte klingt in den entscheidenden Punkten allerdings gänzlich anders.

Aus dem Gericht von Stephan Handel

Zwei Männer und eine Frau fahren in einem Auto. Einer der Männer streitet mit der Frau; die beiden sind verheiratet. Es wird geschrien, es wird geschubst und geschlagen. Dann hält das Auto, die Frau fällt auf die Straße. Sie stürzt auf den Hinterkopf und verletzt sich dabei so schwer, dass sie wenige Stunden später im Krankenhaus stirbt.

Was geschah in der Nacht des 23. Augusts 2020 in der Ingolstädter Straße im Münchner Norden? Das herauszufinden, damit hat die 2. Strafkammer des Landgerichts am Mittwoch begonnen. Angeklagt ist der 32 Jahre alte Rumäne Costel T. Er wird des Totschlags an seiner Frau Madalena-Maria beschuldigt. T. arbeitete als Bauarbeiter und war erst wenige Wochen vor der Tat nach München gekommen. Hier soll er angeblich eine Affäre begonnen haben. Seine Frau, die in der Heimat geblieben war, hatte offenbar davon erfahren und war nun nach München kommen, um die Angelegenheit zu klären.

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Wohl mit einem Reisebus fuhr sie nach München und wurde merkwürdigerweise mitten in der Nacht am Rastplatz Brunngras abgesetzt, der liegt an der A 9 in der Nähe von Eching. Costel T. fuhr gegen 0.30 Uhr mit einem Freund und Kollegen los, die beiden wohnten in der Kirchseeoner Straße in Ramersdorf. Als sie die Frau aufgelesen hatten, begann sofort der Streit der Eheleute, beide saßen auf der Rückbank des Mercedes Vito. Als die Frau in ihrem Zorn dann sogar dem Fahrer ins Lenkrad griff, hielten sie an, um sie zu beruhigen. Danach stoppten sie ein weiteres Mal, an einer Tankstelle in Garching. Bei der Weiterfahrt geschah dann der Vorfall, der mit dem Tod der Frau endete.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll Costel T. die seitliche Schiebetür des Transporters geöffnet und seine Frau hinausgestoßen haben. Sie fiel ungebremst mit dem Hinterkopf auf die Straße, aus einer Höhe von etwa 70 Zentimetern. Dabei erlitt sie ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit intensiven Gehirnblutungen. Costel T. hatte selbst die Polizei gerufen, der hinzugekommene Notarzt reanimierte die bewusstlose Frau 16 Minuten lang, schließlich wurde sie ins Klinikum Bogenhausen transportiert. Dort starb sie kurz nach 13 Uhr am gleichen Tag.

So steht die Geschichte in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. Die Geschichte jedoch, die Costel T. erzählt, klingt in den entscheidenden Punkten gänzlich anders. Seine Frau habe ihn in unerträglicher Weise schikaniert und bespitzelt, sie sei krankhaft eifersüchtig gewesen. Die Beziehung zu der anderen Frau sei keine sexuelle gewesen. Aber als er ihr erzählte, dass seine Ehefrau komme, da habe sie ihn in die Lippe gebissen und ihm einen Knutschfleck am Hals beigebracht. Das sei auch der Auslöser des Streits nach dem Wiedersehen der Eheleute gewesen: Seine Frau habe ihn geküsst und dabei die Wunde am Mund gespürt.

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Es ist nicht alles schlüssig, was Costel T. aussagt, was vielleicht auch an Reibungsverlusten durchs Dolmetschen liegt. Aber: Er hatte gesagt, dass sie eigentlich wieder in die Kirchseeoner Straße fahren wollten. Warum stand das Auto bei dem Sturz der Frau aber in nördlicher Richtung?

Was sie denn zuvor an der Tankstelle gemacht hätten, will Norbert Riedmann wissen, der Vorsitzende Richter. Er habe seiner Frau einen Energy-Drink kaufen wollen, um sie zu beruhigen, sagt T. Das findet Riedmann merkwürdig - einen Energy-Drink zur Beruhigung? Auf jeden Fall, fährt der Angeklagte fort, sei das Auto beim Sturz nicht gestanden, sondern mit "vielleicht 20, 30 Stundenkilometern" gefahren - das ist eine Frage, die die medizinische Gutachterin anhand der Verletzungen der Toten aufklären können sollte. Seine Frau habe selbst die Autotür geöffnet und sei mit den Worten "Entweder ich sterbe heute nacht oder die Polizei nimmt euch mit" hinausgesprungen. Warum sie das gemacht haben sollte? "Meine Frau wollte sich rächen", sagt Costel T. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

© SZ vom 02.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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