Prozess in München:Mann soll Kinder eingesperrt und missbraucht haben

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David G. wird vorgeworfen, drei Mädchen im Alter zwischen 13 und 16 Jahren vergewaltigt zu haben. Er selbst bestreitet das - er sei "so verliebt" gewesen.

Von Susi Wimmer, München

"Nein", David G. schüttelt vehement den Kopf, "so was mache ich nicht, dafür würde ich mich in Grund und Boden schämen." Vor dem Landgericht München I geht es um das Schlagen und Einsperren von Frauen, um Vergewaltigung und um die Tatsache, dass der 22 Jahre alte Angeklagte offenbar bevorzugt Sex mit Mädchen unter 14 Jahren praktizierte, was auch einvernehmlich als schwerer sexueller Missbrauch von Kindern gilt. "Ich war so verliebt", sagt David G. nur.

Die Jugendstrafkammer unter dem Vorsitz von Stephan Kirchinger soll über den Fall richten, der von Menschen handelt, die nicht unbedingt auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Oder, wie der beisitzende Richter während der Verhandlung zum Angeklagten sagt: "Sie lernen viele junge Mädchen kennen, die ein Problem haben." David G. ist ein muskulöser junger Mann, dunkles kurzes Haar und Bart. Er wirkt weitaus älter als 22, was vielleicht auch daran liegen mag, dass das Erlebte in jungen Jahren bei anderen wohl für ein ganzes Leben ausreichen würde.

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Drei junge Frauen werfen David G. laut Anklage der Staatsanwaltschaft Vergewaltigung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor, zwei von ihnen waren zum Tatzeitpunkt 13 Jahre alt. Mit Alina S. ( alle Namen der Mädchen geändert) etwa führte David G. im Jahr 2017 eine viermonatige Beziehung. Die damals 16-Jährige soll von David G. während dieser Zeit eingesperrt und vergewaltigt worden sein. Ja, räumt der Angeklagte ein, es habe viel Streit gegeben, "ich bin ein eifersüchtiger Mensch". Vielleicht werde er auch etwas grob, "aber ich schlage nie eine Frau". Und beim Sex packe er schon mal härter zu, aber er übe keinen Geschlechtsverkehr aus, wenn die Frau Nein sage.

Über Alina S. lernte er ihre beste Freundin kennen, Alice C. "Deren Mutter war gerade gestorben, ihr Vater gewalttätig, es ging ihr nicht gut", erzählt David G. Zwei Wochen lang fuhr G. "zweigleisig", dann entschied er sich für Alice C., die gerade einmal 13 Jahre alt war. Sie soll er des Öfteren mit der Faust ins Gesicht geschlagen, an den Haaren gezogen und in der Wohnung eingesperrt haben. Sex mit Kindern, also Jugendlichen unter 14 Jahren, wird in Deutschland mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet.

"Sie hat mir am Anfang gesagt, dass sie 16 sei", behauptet der Angeklagte im Prozess. Erst später habe er ihr wahres Alter erfahren, "aber ich war so verliebt". Als Alice C. aus ihrer Familie genommen und in ein Heim gebracht wurde, habe man sich über den Zaun hinweg noch der Liebe versichert. Aber dann, so erzählt David G., sei seine Freundin plötzlich sauer gewesen und habe ihm gedroht. Was vielleicht daran lag, dass David G. zwischenzeitlich die damals 13-jährige Diana F. in einer Kneipe kennengelernt hatte.

"Sie ist aus der Familie rausgeflogen und suchte einen Schlafplatz." Also habe er sie mitgenommen und sie habe eine Nacht bei ihm verbracht - in getrennten Räumen. Danach habe er sie nicht mehr gesehen. Diana F. hingegen erzählte der Polizei von zwei Vergewaltigungen und massivem Begrapschen bei drei Treffen. Zufällig war Diana F. im selben Heim untergebracht wie Alice C. - und die Mädchen redeten über David G. Aktuell ist Alice C., die Mandantin von Anwältin Sabine Färber-Fröba, spurlos verschwunden.

David G. stand schon einmal wegen Vergewaltigung in Fürstenfeldbruck vor Gericht und wurde freigesprochen. "Vor diesem Hintergrund", sagte Richter Stephan Kirchinger, "bin ich von Ihrer Einlassung nicht überzeugt." Zudem hat David G. wegen Diebstahls noch eine offene Bewährung. Mit Klauen, so erzählt er, haben er und seine drei Schwestern sich über Wasser gehalten. Der Vater sei früh gegangen, die Mutter habe hart gearbeitet. Er sei von zwei Stiefvätern geschlagen worden und "in schlechte Gesellschaft" geraten. Alkohol, Drogen und diverse abgebrochene Ausbildungen folgten. Mit 17 Jahren wurde er Vater, seine Partnerin war 16. Er jobbte als Türsteher im Kennedy's und P1, jetzt prüft er im Gefängnis Schutzmasken. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 06.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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