Kennengelernt haben sie sich vor sechs, sieben Jahren in einem Bordell in Giesing. Florian F. war damals ein Kunde von Lena L. ( Name geändert), die dort als Prostituierte arbeitete. Nach einer Weile freundeten sie sich an. Außer Zuneigung spielten offenbar auch Drogen eine Rolle. Denn Lena L. - 32 Jahre alt und Mutter von vier Kindern - soll genauso wie Florian F. regelmäßig Betäubungsmittel konsumiert haben. Brauchte sie welche, besorgte der Feinmechaniker sie. Dafür musste er Lena L. nicht mehr für Sex bezahlen. Dies erzählte F., der sich seit diesem Dienstag wegen versuchten Mordes vor einem Schwurgericht am Landgericht München I verantworten muss, einer Gerichtspsychiaterin.
Im April 2019 zog Lena L. bei Florian F. ein, arbeitete aber weiter als Prostituierte. Da der Feinmechaniker keinen Job hatte, unterstützte L. ihn finanziell. Die Beziehung war angeblich geprägt von ständigen Streitereien. Lena L. zog öfters aus, kam nach einer Weile aber zurück, sobald F. und sie sich wieder versöhnt hatten.
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
Im Frühjahr vergangenen Jahres hatte Lena L. den 39-Jährigen erneut verlassen. Am späten Abend des 31. Mai war sie zu seiner Wohnung in Giesing gefahren, um ihre Sachen zu holen. Anschließend wollte sie sich von einem Bekannten abholen lassen. Florian F. soll den Mann bei dieser Gelegenheit mit einem Messer versucht haben zu töten.
Als Lena L. sich in der Wohnung aufhielt, soll sie den Ermittlungen zufolge mit der Frau ihres Bekannten am Telefon verabredet haben, dass deren Mann sie mit dem Auto abholt. Florian F. hat dies laut Anklage mitbekommen. Da er eifersüchtig auf den Bekannten von Lena L. gewesen sei, habe er den Entschluss gefasst, sich an dem Mann "abzureagieren". Was dann geschah, kennt man sonst nur aus Filmen.
Die 16- und 17-Jährigen hatten sich zum Picknick auf eine Wiese gesetzt - dann legte sich der Senior neben sie, ließ alle Hüllen fallen und verfolgte sie durch den Park.
Als der 36-Jährige gegen 22.30 Uhr seinen Audi A 6 an der Einmündung der Schwanseestraße parkte und Lena L. einsteigen wollte, soll sich Florian F. mit einem Messer mit einer rund zehn Zentimeter langen Klinge genähert haben. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, öffnete er laut Anklage die Fahrertür des Wagens und stach "unvermittelt und mit nicht unerheblicher Kraft" mindestens sechsmal auf den Oberkörper des mutmaßlichen Opfers ein. Obwohl völlig überrascht, gelang es dem 36-Jährigen, einige Stiche abzuwehren, den Rückwärtsgang einzulegen und Gas zu geben. Dabei stieß er gegen einen auf der Weißenseestraße fahrenden Smart. Daraufhin legte der 36-Jährige den Vorwärtsgang ein und gab wieder Gas.
Florian F. lief in diesem Augenblick vor das Auto, wurde erfasst und auf die Motorhaube geschleudert. Der 36-Jährige bremste, F. stürzte auf den Boden, ohne sich zu verletzen. Schließlich setzte der Audi erneut zurück, fuhr in Richtung Chiemgaustraße und hielt an einer Bushaltestelle. Dort kümmerten sich Passanten um den Fahrer. Florian F. floh. Das mutmaßliche Opfer überstand die Messerattacke ohne schwerere Verletzungen.
Florian F. machte zum Auftakt der Verhandlung keine Angaben zu den Vorwürfen. Ein Urteil in dem Prozess wird für Ende Juni erwartet.
