Kinder und Jugendliche in München:Stadt bietet kostenloses Open-Sports-Programm an

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Weiche Landung auf der Airbag-Matratze: Aus vier Metern Höhe stürzen sich die Jugendlichen furchtlos hinab. (Foto: Stephan Rumpf)

Parkour, Basketball oder "Ninja Warrior": Damit sich Kinder und Jugendliche auch in den kälteren Monaten ausreichend bewegen können, stehen verschiedene Trendsportarten zur Auswahl. Die Nachfrage ist groß.

Von Niccolò Schmitter

"Die sind ja schon wieder alle zu früh da!" Fynn Naumann steht am oberen Ende der Parkour-Area, von hier hat er einen guten Überblick über das, was sich üblicherweise jeden Freitagabend hier abspielt: Das Training der Kinder ist noch gar nicht abgeschlossen, da stürmt die Gruppe der Jugendlichen bereits in die Halle. Einige von ihnen klettern den Weg zu ihrem Trainer hoch. "Dürfen wir bereits was machen?" "Nein, ihr müsst noch warten, bis die anderen fertig sind", entgegnet Naumann geduldig.

Euphorie und Vorfreude sind den Kindern und Jugendlichen hier im Erlebniskraftwerk deutlich anzusehen, die Gründe dafür verschließen sich auch einem Erwachsenen nicht: Über die weiträumige Halle im Werksviertel erstreckt sich auf mehreren Ebenen eine Spielwiese voller moderner Turnutensilien. Springen, Klettern, Hinschmeißen - alles abgefedert durch butterweiche Matratzen. Was begehrt das Kinderherz mehr? Während die Gruppe der Sechs- bis Zehnjährigen also noch ausgelassen auf den Trampolinen herumalbert, müssen die etwas Älteren von Fynn Naumann gezügelt werden - sie dürfen erst um 18:30 Uhr ran.

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Jeden Freitag bietet der Verein "Free Arts of Movement" in seiner Halle ein offenes Training für Kinder und Jugendliche an, drei Stunden lang dürfen sie sich hier, unterteilt in zwei Gruppen, austoben. Das Besondere daran: Das Angebot ist für alle kostenlos. Möglich gemacht wird das durch das "Open-Sports-Programm" der Stadt München.

Von Anfang Februar bis Ende April bietet die Stadt zusammen mit Partnern erstmals ein vielfältiges Bewegungs- und Sportprogramm für junge Menschen an, vor allem Indoor. Ziel ist es, dass sie sich so auch in den kälteren Monaten des Jahres fit halten können - ohne gebührenpflichtige Mitgliedschaft in einem Verein.

Der Fokus liegt dabei auf Trend- und Actionsportarten: Air Track, Basketball und Skateboarden sind unter anderem Teil des Angebots. Im Erlebniskraftwerk stehen vor allem Parkour und Trampolin auf dem Programm. Das Konzept des offenen Trainings ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen.

"Die Kinder machen das, worauf sie Lust haben", sagt Naumann. Die Trainer stünden ihnen unterstützend zur Seite. Er und seine Kollegen geben also nicht vor, was die Jungen und Mädchen zu tun haben; vielmehr kommen diese zu den Trainern und sagen ihnen, was sie gerne ausprobieren würden. Dann bringen sie ihnen die richtige Technik bei und probieren entsprechende Übungen. "Wir drillen die Kinder nicht", so Naumann, der selber als Elfjähriger im Verein angefangen hat.

Der Abend beginnt gleich mit einem Adrenalinkick

Das obligatorische Aufwärmen darf zu Beginn jedes Trainings dennoch nicht fehlen. Nachdem die Jugendlichen systematisch ihre Glieder gestreckt haben, dürfen sie aber gleich zum "absoluten Favoriten", wie der Trainer sagt: zum Sprung auf das Airbag, eine riesige, luftgefüllte Matratze. Aus rund vier Metern Höhe schmeißen sich die Jungs und Mädchen akrobatisch und furchtlos in die Tiefe, der Abend beginnt so gleich mit einem Adrenalinkick. Dann schwärmen sie aus und erobern die Halle.

Unter den Springern befinden sich auch Henry, elf, und Elia, zwölf. Beide sind schon seit über einem Jahr im Training dabei. Das Open-Sports-Angebot ist für sie die Möglichkeit einer weiteren Trainingseinheit, die sie eifrig wahrnehmen. "Es macht einfach total Spaß", sagt Elia. "Wir können frei sein, aber wir haben auch Trainer, die uns richtig was zeigen können." Auch Henry schätzt die Freiheit dieser Sportart, das "Adrenalin, wenn man in der Luft ist", wie er sagt. Für ihn ist klar: "Später will ich auch mal Trainer sein."

Pro Gruppe sind Freitagabend meist 15 bis 20 Teilnehmer dabei, sowohl Vereinsmitglieder wie Henry und Elia als auch Kinder, die erst durch das Open-Sports-Programm auf das Training aufmerksam geworden sind. Jede Woche sehe er ein paar neue Gesichter, sagt Fynn Naumann: "Die Resonanz ist auf jeden Fall sehr hoch."

Auch die Stadt München ist mit dem zweimonatigen Pilotprojekt glücklich. "Das Projektteam ist aktuell sehr zufrieden, wie die Kurse von Kindern und Jugendlichen angenommen werden", sagt Thomas Groß vom Referat für Bildung und Sport. Die Kurse zum Eislaufen seien beispielsweise sehr gut besucht gewesen, genauso wie das Basketball-Training. Beim Skateboarden war zudem eine interessante Entwicklung zu beobachten: "Die Nachfrage für die Only-Girls-Kurse war enorm hoch", so Groß. Daher wurde hier nachjustiert und ein weiterer Kurs nur für Mädchen angeboten.

In der großen Halle im Werksviertel können die Teilnehmer noch eine weitere Sportart erlernen, die in den vergangenen Jahren ihren Durchbruch erlebt hat: Ninja Warrior. Dieser moderne Hindernislauf zeichnet sich durch kurze Indoor-Parkour-Strecken aus, bei denen vor allem Kletter- und Hangelkünste gefragt sind. Die gleichnamige TV-Sendung für Kinder sorgte schließlich auch in Deutschland für einen Boom. "Viele hier haben das Ziel, bei der Show dabei zu sein", sagt Fynn Naumann.

Klar ist: Das Angebot kommt gut an, die besonderen Action-Sportarten, die die Stadt damit fördert, sind klug gewählt. Ende April läuft das Programm jedoch zunächst einmal aus. Wird es im kommenden Winter eine Wiederholung geben? "Wir gehen, Stand heute, davon aus, dass im November 2022 die zweite Open-Sports-Saison starten kann", sagt Thomas Groß. Henry und Elia wird das freuen. Sie bekräftigen, dass sie im Erlebniskraftwerk noch sehr lange springen, klettern, hangeln - und weich landen möchten.

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