Streit mit der Stadt:Schadenersatz für Wasser im Keller

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Wasser marsch: Im Jahr 2010 mussten Feldmochinger Hauseigentümer das Wasser aus ihren Kellern pumpen. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Oberlandesgericht regt im Fall der vor Jahren überschwemmten Feldmochinger Häuser einen Vergleich an, auch wenn dieser den Klägern "schäbig" erscheinen müsse. Andernfalls könnte sich der Gerichtsstreit noch Jahre hinziehen.

Von Julian Raff

Seit zehn Jahren streiten Feldmochinger Hauseigentümer mit der Stadt darüber, ob Fehler beim Bau eines Straßenabwasser-Kanals dafür verantwortlich sind, dass Starkregen im Sommer 2010 - und seither wiederholt - am Nordrand der Stadt, längs der A 99, zahlreiche Keller überflutet hat. Nach einem Verhandlungstermin vor dem Oberlandesgericht (OLG) könnte das Verfahren nun in einem für die Anwohner wenig lukrativen Vergleich enden, oder sich noch einmal jahrelang hinziehen.

Die Kernfrage: Wurde beim Bau des Nord-West-Sammelkanals in den Neunzigerjahren gepfuscht, indem etwa Material im umgebenden Erdreich zurückgelassen und die meterdicke Röhre in wasserundurchlässigen Beton gekleidet wurde, statt in durchflussfähigen Kies? Was nach guter Isolierung klingt, dürfte das Problem erst verursacht haben, wie es Gutachter schon vor Jahren konstatiert hatten: Das in die Keller eingedrungene Wasser stammt nicht aus dem Kanal selbst, vielmehr liegt dieser teils quer zum Grundwasserstrom und staut diesen wie ein Damm auf, was sich anhand unterschiedlicher Wasserstände nachweisen lässt.

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Dass die Überflutung tatsächlich darauf zurückgeht, blieb dennoch lange umstritten, da der Grundwasserspiegel dort weit höher liegt, als etwa im Münchner Süden. Seit Mitte der 2010er-Jahre versucht die Stadt das Grundwasser über Düker, also Kanalunterquerungen abzuleiten, wegen des schuttverfüllten Untergrunds mit mäßigem Erfolg und unerwünschten Nebenwirkungen, wie einem Krater, der sich 2015 auftat. Im Hintergrund des Prozesses agiert die Allianz, die sich als städtischer Haftpflicht-Versicherer weigert, für Schäden aufzukommen. Auf eigene Kasse, quasi kulanzhalber, wollten die Stadt respektive die Münchner Stadtentwässerung bisher nicht einspringen, da sie nach eigener Rechtsauffassung Haushaltsmittel und Gebührengelder veruntreuen würden. Parallel zur Zivilsache in zweiter Instanz am OLG läuft inzwischen ein Verfahren am Verwaltungsgericht.

Ein nicht abgedichteter Keller läuft mitunter auf natürliche Weise voll

Anwalt Georg Krafft, der die Stadt vertritt, hatte das Problem des hohen Grundwassers zu Beginn in die Frage gepackt, ob die Kläger beim Bau überhaupt trockene Keller gewünscht hätten. Schließlich, so Krafft, lasse sich im betroffenen Gebiet ohne wasserundurchlässige Hülle ("weiße Wanne") bestenfalls ein "Kartoffelkeller" alter Art bauen, der dann eben auf natürliche Weise regelmäßig volllaufe oder zumindest feucht werde.

OLG-Richter Thomas Steiner stellte demgegenüber klar, dass dieses ortstypische "Baugrundrisiko" in den Hintergrund trete, sobald man von einem Verschulden der Stadt ausgehen könne. Hierzu brauche es aber geologische und weitere bautechnische Gutachten, Zeugen müssten gehört werden. Zumindest der aktuell durchs Überflutungsrisiko verursachte "merkantile Minderwert" der Grundstücke sei bis zum erwartbaren Verfahrensabschluss in den 2030er- oder auch 2040er-Jahren längst vom Markt ausgeglichen, lautet Steiners bewusst überspitzt ausgedrückter Trost für die Kläger - oder für deren Erben.

Alternativ schlug der Richter einen Vergleich vor - im Bewusstsein, dass dieser den Klägern wohl "schäbig und unattraktiv" erscheinen müsse: Die Stadt würde demnach pro Quadratmeter schadenssanierter Kellerfläche 150 Euro übernehmen, also 15 Prozent der mit Blick auf gründliche Schimmelbeseitigung geforderten 1000 Euro, die Steiner als überhöht ansah. Die Wertminderung bliebe ohne Ausgleich. Für Klägeranwalt Benno Ziegler ein unzureichendes, dennoch nicht gänzlich enttäuschendes Zwischenergebnis: Der Zeitfaktor dürfte tatsächlich eine Schlüsselrolle spielen, schließlich sind im Verlauf des Verfahrens bereits zwei Kläger verstorben.

Als wichtiger stuft Ziegler aber ein, dass das OLG erstmals auch Hauseigentümern die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen eingeräumt habe, die in feuchten Bodenzonen ihre Keller nicht nach höchstem Standard abgedichtet haben. Präzedenzwirkung erwartet der Anwalt stadtweit, vor allem für die Anwohner der Genter Straße beim Nordfriedhof, die in einem ähnlichen Fall gegen die Stadt geklagt haben. Die Kläger müssen jetzt entscheiden, ob sie dem Vergleichsvorschlag zustimmen.

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