Zur Zeit des Berufsverkehrs Stau auf dem Mittleren Ring und seinen Zufahrten zu haben, ist für Münchner nichts Neues. Doch was sich seit einigen Monaten zwischen Leonrodstraße und Donnersbergerbrücke abspielt, hat eine neue Dimension - und lässt die Neuhauser Alarm schlagen. Fahrzeuge, die sich "sternförmig" auf dem Weg zur Landshuter Allee stauen. "Chaos, Gehupe, blockierte Trambahnen und Busse." Autos, die Ampelübergänge blockieren, mit Gefahren für Fußgänger und Radler. So beschreiben es Nachbarn und Nachbarinnen.
Wer sich auskennt, nutzt Schleichwege durchs Viertel, durch die Volkart-, die Waisenhausstraße. Ein "Wahnsinn" sei das, schimpft ein Bürger in einer der zahlreichen E-Mails an Neuhausens Lokalpolitiker. Zumal sich dadurch der Ausstoß an Schadstoffen "enorm" erhöhe. Und das ausgerechnet an dieser Ecke, an der Landshuter Allee.
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Mit ihrer hohen Konzentration an Stickstoffdioxid in der Luft hat die Landshuter Allee längst traurige Berühmtheit erlangt - als eine der Straßen mit extrem schlechter Luft in Deutschland. Zwischen Nymphenburger Straße und Donnersbergerbrücke werden die Werte vom Landesamt für Umwelt gemessen, und noch immer reißen sie die Latte: Der von der Stadt angepeilte Jahresgrenzwert für den giftigen Ausstoß liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter, im Zeitraum von 1. Januar bis 17. September 2023 wurden durchschnittlich 45 Mikrogramm gemessen.
Allerdings sind das vier Mikrogramm weniger, als noch im Vorjahr. Weshalb Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erst vor wenigen Tagen die mehrheitliche Stadtratsentscheidung, die zunächst für den Herbst geplante Verschärfung des Dieselfahrverbots angesichts dieser positiven Tendenz auszusetzen, als "richtig" bezeichnet hat.
Brisant ist die Gemengelage trotzdem. Denn Ursache für den Stau ist eine neue Busspur, Anfang Juni auf Anordnung des Mobilitätsreferats im Zuge der Fortschreibung des Luftreinhalteplans eingerichtet. Diese neu markierte Spur ist 300 Meter lang und reicht von der Nymphenburger Straße bis zur Donnersbergerbrücke. Deshalb müssen die Autos, denen zuvor zwei Spuren zur Verfügung standen, jetzt auf eine verbleibende Fahrspur einschwenken. Rückstau ist die Folge. Die neue Busspur, vorwiegend von Elektrobussen genutzt, führt direkt an der Stickstoffdioxid-Messstelle vorbei.
Die Münchner Verkehrsgesellschaft, sagt MVG-Sprecher Maximilian Kaltner, habe diese Busspur aber nicht gefordert, "es gab keinen Grund dafür". Auch der Bezirksausschuss, dem sonst "jedes Loch zur Begutachtung vorgesetzt wird", wie eine Lokalpolitikerin sich in der jüngsten Sitzung des Gremiums ausdrückte, wurde nicht separat zu der Spur angehört. Sondern nur im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans durch das Referat für Klima und Umwelt. Entsprechend "überrascht" reagierte das Gremium.
Ist die Spur also lediglich, um es mit den Worten eines Neuhausers zu sagen, ein "Taschenspielertrick, um die Messstation auszutricksen"? Um die Werte des Verbrenner-Verkehrs künstlich zu reduzieren und so als Kommune um die in Wahlkampfzeiten unpopuläre Umsetzung der zweiten Stufe des Dieselfahrverbots herumzukommen? Immerhin ist laut gutachterlicher Immissionsprognosen aufgrund der Busspur eine Verbesserung der Situation um zwei Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Jahresmittel zu erwarten.
Die Antwort der Verwaltung dazu ist allgemein. "Ziel von Busspuren" sei es, heißt es dazu aus dem Umwelt- und Mobilitätsreferat, "den reibungslosen Verkehr für Linienbusse vor allem auf viel befahrenen Straßen zu ermöglichen". Deshalb würden an Stellen mit hohem Verkehrsaufkommen zunehmend solche Sonderfahrstreifen eingerichtet und der öffentliche Nahverkehr gestärkt. Die Verflüssigung des Linienbusverkehrs sei damit "eine sinnvolle Maßnahme für die Luftreinhaltung".
Er wisse, bemerkt dazu ein Neuhauser, "diese Motivation zu schätzen." Aber wenn dafür die umliegenden Straßen permanent "zugestaut" würden, bleibe lediglich ein "Placeboeffekt".