Mitten in Neuhausen, zwischen einem kleinen Lottoladen und einem Stoffgeschäft, stehen zu Hockern umfunktionierte Limonaden-Kisten auf dem Boden. Auf dem Bürgersteig der Hirschbergstraße ist im Sommer ein kleiner Schanigarten aufgebaut. Er gehört zu der Hood Bar, die vergangenes Jahr hier aufgemacht hat. Klingt wie die hippere Version einer angestaubten Nachbarschaftskneipe, ist auch ungefähr das.
Begrüßt wird man jedenfalls nicht mit "Servus", sondern mit "Hey, Nachbarin", es läuft viel amerikanische Rap- und wenig Chartmusik, und es gibt nur zwei Sorten Bier (ein Helles, ein Pils, immerhin), dafür aber rund zwei Dutzend Cocktails und Longdrinks.
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Die Auswahl ist speziell, also probieren wir mal. Empfehlenswert, und zu selten in Münchner Bars zu finden: der Enzoni (wie alle Cocktails 10,50 Euro), eine fruchtige Abwandlung des Negroni mit Trauben. Der "Aperol Power" ist eine saure Version des Aperitif-Klassikers mit Wodka und Zitrone - und definitiv spannender als die altbekannte Spritz-Variante (7,50 Euro).
Wie bei neueren Bars üblich, sind die Getränkenamen der ein oder anderen Eigenkreation irgendwo zwischen ungewöhnlich ("Paris Between Two Bars", ein saurer Scotch-Cocktail) und unangenehm auszusprechen ("Fuck The Pain Away", ebenfalls sauer, aber mit Bourbon). Schafft man aber, ist ja nur vor den Nachbarinnen.
Wer lieber klassisch unterwegs ist, wird sicher irgendwo zwischen Espresso Martini und Jacky Cola fündig. Auch den Gästen, die keinen Alkohol trinken, wird mehr geboten als nur Limonade - zum Beispiel der Manzana Forever Cocktail mit Apfel, Zitrone und Gingerbeer (alle Mocktails für 8,20 Euro).
Mit etwas Barfood in kleinen Schälchen ist einem Aperitivo im Schanigarten nichts mehr entgegengesetzt, auch, wenn die Sonne hinter den Neuhauser Altbaufassaden schon recht früh nicht mehr zu sehen ist. Die Bar öffnet dienstags bis sonntags um 18 Uhr, am Wochenende schließt sie erst um drei. Und weil das gastronomische Angebot in Neuhausen so breit ist, die Barkultur aber eher eingeschränkt, bietet sich die Hood Bar natürlich mindestens genauso für einen ausgedehnten Absacker nach dem Abendessen an. Wenn es draußen zu kalt ist, sind als erste Eskalationsstufe Decken in den Hockern versteckt, als zweite kann man sich nach drinnen vor die Wände in Marmoroptik ins schummrig-orangefarbene Licht setzen.
Funktioniert das also - eine Nachbarschaftskneipe, aber eben nicht als gemütliche Boazn mit Stammtisch-Gefahr, sondern als eine Art hippe Cocktailbar? Wenn man vor der Hood Bar auf einer Limonadenkiste sitzt, sich an das Fenster der Bar anlehnt und Leute beobachtet, denkt man: Irgendwie schon, zumindest für die ziemlich jungen Menschen, die sich hier überwiegend aufhalten. Die Nachbarn grüßen sich, quatschen kurz, fragen "kommst du später noch vorbei?", stoßen an. Alles fast, als wäre man nicht in einer Großstadt. Aber eben nur fast. Aber: Wer keine Nachbarin ist, wird zum Glück trotzdem behandelt wie eine.
Hood Bar , Hirschbergstraße 7, 80634 München, Telefon: 0176/70779722, Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 18 Uhr bis 1 Uhr, Freitag und Samstag 18 Uhr bis 3 Uhr.