Brauchtum:Die besondere Note des Faschings in München

Lesezeit: 2 min

Einstand für das neue Prinzenpaar, Frederik I. und Katharina I. (Foto: Florian Peljak)

Zum Beginn der Saison präsentiert sich auf dem Viktualienmarkt das neue Prinzenpaar - und zwar in ortsüblicher Kleidung. Und dann erwärmt Katharina I. auch noch die Herzen der Menschen mit einer Familiengeschichte.

Von Heiner Effern

Es soll ja Menschen tief im Westen, in Köln oder Düsseldorf, geben, die dem Karneval - oder vielmehr: dem Fasching - hier in München eine besondere Note absprechen. Wären sie mal an diesem Samstag zum Saisonauftakt auf den Viktualienmarkt gekommen! Schon allein die Kleidung des offiziellen Prinzenpaars der Stadt: Katharina I. und Frederik I. tragen nicht etwa irgendwelche pseudo-monarchischen Gewänder oder Faschingskostüme, als sie um 11.11 Uhr auf die Bühne am Viktualienmarkt schreiten. Sie kommen in Dirndl und Lederhose.

Und das erste Lied zum Warmschunkeln, dem kann man bayerische Originalität schon gar nicht absprechen. "In München steht ein Hofbräuhaus" spielt die Drei-Mann-Band auf der Bühne, durchaus mit dem gewünschten Hin-und-her-Effekt beim Publikum.

Sonntag bis Freitag
:München heute - der München-Newsletter

Jetzt den Newsletter abonnieren!

Gut, der Text des Lieds passt jetzt nicht optimal "zum Gläschen Prosecco für alle", das der Hofmarschall der Faschingsgesellschaft Narrhalla auf der Bühne zur gleichen Zeit den Persönlichkeiten aus Fasching und Politik zum Anstoßen anbietet. Doch das scheint die eher sparsam kostümierten Besucherinnen und Besucher nicht zu stören, denn neben der Ausgelassenheit pflegen die Münchner auch im Fasching einen sehr eigenen Gemütszustand.

Das zweite Lied der Band lautet nicht umsonst: "Ein Prosit der Gemütlichkeit". Wenn das keine besondere Faschingsnote ist. Übrigens musste München auch nicht wie etwa Köln zur gleichen Zeit die Innenstadt abriegeln, um die Menschenmassen in den Griff zu bekommen.

Katharina I. und Frederik I., beide 23 Jahre alt, erledigen ihre ersten Amtspflichten inklusive Interview durch den Zeremonienmeister charmant zurückhaltend, und ihre "Lieblichkeit" hat auch noch eine Faschings-Familiengeschichte, die nicht nur Karnevalisten bei Sonne, Wolken und Kälte das Herz erwärmt haben dürfte.

Ihre Großeltern Karin und Carl-Peter haben München schon vor 55 Jahren als Prinzenpaar regiert, genau zum 75-jährigen Bestehen der Narrhalla. Und der Oma zu Ehren, verrät Katharina, werde sie am Samstagabend beim ersten Ball der Saison, dem Hofball im Bayerischen Hof, deren Kleid von damals tragen. "Mir wurde der Fasching in die Wiege gelegt", sagt sie.

Der Einzug der Marktweiber gehört unbedingt zum Faschingsauftakt in München... (Foto: Florian Peljak)
...wie auch der Auftritt der Narrhalla... (Foto: Florian Peljak)
...und akrobatische Spitzenleistungen. (Foto: Florian Peljak)
Nicht alle im Publikum sind verkleidet, aber manche durchaus fantasievoll. (Foto: Florian Peljak)

Im wirklichen Leben arbeitet Katharina Ibscher in der Film- und Fernsehbranche, organisiert im Hintergrund Filmsets und Produktionen, damit etwa bei Dreharbeiten alles rund läuft. Ihr Prinz oder "Tollität", wie Frederik Jehle nun bis zum Aschermittwoch genannt werden wird, ist "Offizier und Gentleman". So stellt ihn jedenfalls der Hofmarschall in Anspielung auf den Film mit Richard Gere vor.

Tatsächlich studiert Frederik Jehle an der Bundeswehr-Uni Politik und Soziologie und hat dort den Rang eines Leutnants. Die beiden sind auch privat ein Paar, und vielleicht schreiben sie eine Geschichte wie Katharinas Großeltern. Die lernten sich zwar als Prinzenpaar erst kennen und lieben, doch sie heirateten gleich ein Jahr später.

Bei so viel Romantik darf nicht vergessen werden, dass in Münchens Zentrum am 11. November nicht nur ein Prinzenpaar vorgestellt wird. Einen Spaziergang hinüber zum Marienplatz entfernt steht die etwas kleinere Bühne der Faschingsgesellschaft Würmesia, auf der Prinz Miro und Prinzessin Daniela ihren ersten Auftritt hinlegen. Vor dem Rathaus ebenso wie auf dem Viktualienmarkt tummeln sich die Karnevalsfreunde zwischen Hütten, die nun erst einmal die typisch münchnerische Jahreszeit der Christkindlmärkte ankündigen.

Doch wenn die Kerzen gelöscht sind und der Glühwein getrunken ist, dann geht es vom 5. Januar an mit der offiziellen Übergabe der Regentschaft an das Faschingsprinzenpaar so richtig los mit der nächsten Jahreszeit in der Stadt, der närrischen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFasching
:Die falschen Chinesen von Dietfurt

An diesem Unsinnigen Donnerstag feiern in der Stadt wieder 20 000 Menschen ihre sehr spezielle Faschingsgaudi. Und wie jedes Jahr geht es auch wieder um die Frage: Ist das rassistisch oder womöglich sogar völkerverbindend?

Von Lisa Schnell

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: