Prozess in München:Eltern stimmen Beitragserhöhung nicht zu - Kita feuert Zweijährigen

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Einen Kita-Platz in München zu finden, ist nicht leicht. (Symbolbild) (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Weil das Paar nicht binnen vier Wochen auf eine Mail antwortet, kündigt die Einrichtung dem Kind den Platz und vergibt ihn weiter.

Von Susi Wimmer

In München einen Kita-Platz für seinen Sprössling zu finden, ist ein Glücksfall. In etwa so, wie wenn man auf einem Grünstreifen am Stachus ein vierblättriges Kleeblatt entdeckt. Nicht unweit davon, am Lenbachplatz, trafen sich jetzt die Vertreter einer Kindertagesstätte sowie ein verzweifeltes Elternpaar vor dem Landgericht München I: Die Kita hatte ihren zweijährigen Sohn quasi gefeuert, weil die Eltern es versäumt hatten, einer Beitragserhöhung binnen vier Wochen zuzustimmen. Der Preis für die Kita: 1231 Euro.

Beide Eltern, so sagen sie vor Gericht, sind beruflich sehr eingespannt. Sie hätten sich schon Gedanken über die Betreuung ihres Sohnes gemacht, als dieser längst noch nicht auf der Welt war: "Wir haben unsere Eigentumswohnung danach ausgesucht, dass eine Kita ums Eck ist", erklärt der Vater. Bereits vor der Geburt des Sohnes habe man den Betreuungsvertrag bei der Kita in Neuhausen unterschrieben. Diese befinde sich direkt in der Nachbarschaft, der kleine Timmi ( Name geändert) fühle sich dort sehr wohl. Auch für den anschließenden Kindergarten in derselben Einrichtung habe man bereits einen Vertrag abgeschlossen.

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Im März dieses Jahres informierte die Einrichtung alle Eltern, dass der Preis für die Kita von 1195 auf 1231 Euro angehoben werde, der für den Kindergarten von 895 auf 922 Euro. In der Mail stand auch, dass eine Zustimmung binnen eines Monats erwartet werde. Gleichzeitig musste eine Kita-Gruppe pandemiebedingt schließen. Die Eltern wandten sich an die Kita, sie möge die Beiträge während der Schließung rückerstatten. Man wollte sich deshalb zu einem Gespräch treffen, dies kam aber wegen eines Corona-Falls in der Familie der Kläger nicht zustande.

Der Monat verstrich und was folgte, war die Kündigung für die Familie. "Wir wollten nicht kündigen", schrieb der Vater zurück, man sei mit der Erhöhung einverstanden. "Man kann doch ein Kind nicht rauswerfen, nur weil eine Mail nicht beantwortet wurde", sagt er in der Güteverhandlung. Die Leiterin der Neuhauser Kita erklärt, für sie sei klar gewesen, dass die Familie unzufrieden sei. "Ich dachte, die wollten keinen Platz mehr." Schließlich kündigte die Kita der Familie auch noch, ihren Geschäftsbedingungen entsprechend, fristgemäß binnen drei Monaten zum 31. August und vergab Timmis Platz.

Vor Gericht einigt man sich "auf eine dem Kindeswohl entsprechende Regelung"

Die Eltern baten weiterhin um einen Platz für ihren kleinen Sohn, daraufhin bot man ihnen eine Kita am Schloss Nymphenburg an. Dort könne Timmi dann auch in den Kindergarten gehen. So kam es, dass die Eltern das Gericht anriefen, dies möge eine einstweilige Verfügung erlassen, dass Timmi in Neuhausen bleiben dürfe.

"Ich habe kein Problem damit, heute ein Urteil zu sprechen", erklärt Vorsitzender Richter Georg Werner. Aber gerade wenn es um Kinder gehe, sei "eine sinnvolle Lösung zu bevorzugen". Er lässt anklingen, dass eine Kündigung binnen drei Monaten "womöglich unwirksam" sein könnte, wenn eine "unangemessene Benachteiligung" für die Eltern entstehe.

Eine Nicht-Zustimmung der Beitragserhöhung als Kündigung auszulegen und den Platz einfach weiterzuvergeben, "mit diesem Verhalten habe ich ein Problem". Das Kind aus der gewohnten Umgebung zu nehmen und anderweitig weiter einzugewöhnen, sei kein Leichtes. "Ich habe die Eingewöhnung selbst bei meinen Kinder mitgemacht", sagt Werner. Die Kita solle überlegen, ob es nicht doch möglich wäre, Timmi weiterhin in Neuhausen unterzubringen.

Am Ende einigen sich die Parteien "auf eine dem Kindeswohl entsprechende Regelung", über die Stillschweigen vereinbart wird.

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