Auch an diesem lauen Augustabend flanieren Spaziergänger durch die ergrünte Kolumbusstraße, ein Pärchen sitzt in einem der roten Pavillons, eine junge Frau gießt Pflanzen im Hochbeet, Kleinkinder buddeln im Sandkasten. Doch die Idylle trügt. Denn das Projekt "Autoreduzierte Quartiere" (AQT), für das die Kolumbusstraße temporär umgestaltet und für Fahrzeuge gesperrt ist, spaltet das Viertel. "Es herrscht so was wie Krieg", hat eine Anwohnerin dem ZDF-Magazin "Länderspiegel" gesagt, "Befürworter und Gegner brüllen sich nur noch an." Aufgeheizte Stimmung herrschte auch in der letzten Sitzung des Bezirksausschusses Au-Haidhausen, wo Kritiker einen sofortigen Abbruch des Verkehrsversuchs forderten.
Hinter dem Pilotprojekt steht das Zukunftscluster MCube unter Federführung der TU München. Sie will in Kooperation mit der Stadt und Projektpartnern untersuchen, wie der Straßenraum neu aufgeteilt, Autoverkehr reduziert und die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum verbessert werden kann. Hierzu ist die Kolumbusstraße von Mitte Juni bis Oktober für Fahrzeuge gesperrt; statt Parkplätzen und Asphalt gibt es Rollrasen, einen XXL-Sandkasten, Sitzbänke und Hochbeete. Dazu können an beiden Enden der Straße Elektroautos, Roller und Lastenräder ausgeliehen werden.
Newsletter abonnieren:München heute
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
Die Gegner des Projekts - sie haben 140 Unterschriften von Anwohnenden gesammelt - kritisieren nicht nur den Wegfall von etwa 40 Parkplätzen. Sondern sie klagen auch über den Lärm spielender Kinder, über Dreck und Sand sowie mangelnde Bürgerbeteiligung.
Diesen Protest hat nun auch die CSU-Stadtratsfraktion aufgegriffen. Sie fordert per Dringlichkeitsantrag eine Befragung der Anwohnenden in der Kolumbusstraße sowie in der Landlstraße in Obergiesing, die ebenfalls zum autoreduzierten Quartier umgestaltet wurde. Sollte sich eine Mehrheit gegen die Fortführung des Projekts aussprechen, müsse dieses "kurzfristig und vorzeitig" beendet werden, so die CSU.
Bezirksausschuss verweist auf viele positive Rückmeldungen
Die Kritik der CSU geht in eine ähnliche Richtung wie die von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der kürzlich per Mitteilung wissen ließ: "Nur ideologisch Parkplätze zu streichen, damit sie weg sind, hilft niemandem." Mit Blick auf das AQT-Projekt ergänzte er: "Verkehrsberuhigte Straßen können ein Mehr an Lebensqualität bringen. In der Südlichen Au und am Walchenseeplatz aber sehen wir, dass das kein Automatismus ist. Wir müssen hier nachbessern."
Genau das hat nun der Bezirksausschuss versucht, der sich mit den vielen Anregungen aus der Nachbarschaft beschäftigte. In seinem Beschluss plädierte das Gremium für mehr Anwohnerstellplätze in dem Bereich sowie das Aufstellen von Trinkbrunnen. Zudem solle geprüft werden, ob während des Projekts Parkplätze auf dem Mariahilfplatz zur Verfügung gestellt werden können.
Einen Stopp des Verkehrsversuchs, wie ihn mehrere Bürgeranträge forderten, lehnte der Bezirksausschuss indes ab und verwies auf die "vielen positiven Rückmeldungen". Zudem verwahrte sich das Gremium gegen Vorwürfe, die Nachbarschaft sei bei dem 60 000 Euro teuren Projekt nicht eingebunden worden. Abschließend betonte Franz Klug (Grüne) in Richtung der Kritiker: "Wir brauchen solche Forschungsprojekte, um die Klimaziele zu erreichen. Das sind Maßnahmen zum Schutz von uns allen."